Kein Betreuungsgeld bei Hartz IV: Kinder ein Resultat von Fehlanreizen?

(Bonn) – Das Erwerbslosen Forum Deutschland bezeichnet den sich in der Koalition abzeichnenden Kompromiss beim Betreuungsgeld als unerhörte Diskriminierung von Eltern mit Hartz IV-Bezügen. Es zeige sich wiederum, dass Ausgaben in den Bereichen Kinder und Soziales für den Mittelstand nur dann möglich sind, wenn als Nebeneffekt Hartz IV-Bezieher als fehlgeleitete Menschen mit falschen Anreizen stigmatisiert werden. Laut einem Bericht der „Süddeutschen Zeitung“ sollen Hartz-IV-Bezieher nicht vom Betreuungsgeld profitieren. Nach dem Willen der schwarz-gelben Koalition soll ihnen die neue Leistung zwar ausgezahlt aber anschließend in voller Höhe vom Arbeitslosengeld II abgezogen werden. Eine entsprechende Regel soll in den Gesetzentwurf aufgenommen werden, den das Familienministerium erstellt. Praktisch bedeutet das, dass Arme beim Betreuungsgeld leer ausgehen.

Dazu Martin Behrsing, Sprecher des Erwerbslosen Forum Deutschland:
„Eine völlig antiquiert geplante Herdprämie, die selbst in der Regierungskoalition auf Widerstand stößt, scheint nur dann möglich, wenn als Nebeneffekt Hartz IV-Bezieher öffentlich diskriminiert werden. Die durch das Betreuungsgeld vorgegaukelte heile Welt mit glücklichen Müttern und Kindern zu Hause soll bei armen Menschen auf keinen Fall gelten. Bei denen scheinen Kinder ein Resultat von Fehlanreizen zu sein. Es ist ein schier unglaubliches Lernmodell für unsere Gesellschaft, das für einen faulen Kompromiss herhalten muss.

Es fragt sich, welchen gefährlich gedanklichen Fehlanreizen die Regierungskoalitionäre unterliegen, wenn man arme Menschen so unerhört diskriminiert?“

Anstieg der Hartz IV-Sanktionen ist Ausdruck der Hilfs- und Konzeptlosigkeit der Jobcenter

Bonn –Im vergangenen Jahr wurden so viele Strafen gegen Hartz-IV-Bezieher verhängt wie nie zuvor. Laut „Bild-Zeitung“ soll die Zahl sei von 829.375 auf 912.377 gestiegen sein. Das Erwerbslosen Forum Deutschland bezeichnet die Sanktionswut als Ausdruck der Hillfs- und Konzeptlosigkeit der Jobcenter. Zudem sagen die Zahlen nur etwas darüber aus, in wie vielen Fällen Sanktionen verhangen wurden und nichts darüber, ob diese auch gerechtfertigt waren.

Dazu Martin Behrsing, Sprecher des Erwerbslosen Forum Deutschland:

„Die drastisch angestiegene Zahl der Sanktionen sind für uns Ausdruck der Hilfs- und Konzeptlosigkeit der Jobcenter. Die Zahl sagt auch nichts darüber aus, ob die Sanktionen rechtlich haltbar waren. Wir haben da große Zweifel. Es ist inzwischen bekannt, dass die meisten Sanktionen zurückgenommen werden müssen, wenn sich Menschen rechtliche Hilfe gegenüber den Jobcentern in Anspruch nehmen. Die Sanktionen waren auch Druckmittel, um Menschen in Billigjobs zu drücken, ohne dass sie aus dem Hartz IV-Bezug herauskamen. Dies verdeutlicht die Zahl der Hartz IV-Bedarfsgemeinschaften. Es mag zwar erfreulich sein, dass der Auszahlungsbetrag an Bedarfsgemeinschaften von 839,69 Euro auf 807.29 Euro gesunken ist. Die Zahl zeigt aber, dass die ‚Menschen – trotz Jobs- weiter auf Hartz IV angewiesen sind. Somit haben die Jobcenter kaum Perspektiven für Menschen.

Es stellt sich die Frage, wer hier eigentlich sanktioniert gehört. Es sind die Unternehmen, die sich die Ausbeutung der Arbeitskräfte indirekt von den Steuerzahlern subventionieren lassen“.

Streichung von Hartz IV für EU-Ausländer hat einen sehr befremdlichen Geruch

 Bonn – Die einseitige Streichung von Hartz IV Leistungen für EU-Ausländer in Deutschland hat für das Erwerbslosen Forum Deutschland ein sehr befremdlichen Geruch. So sollen Neuzuwanderer etwa aus Griechenland, Portugal und Spanien künftig keine Hartz IV-Leistungen mehr bekommen, wie die „Frankfurter Rundschau“ berichtete. Dabei soll es sich um eine Geschäftsanweisung des Bundesarbeitsministeriums an die Bundesagentur für Arbeit vom 23. Februar handeln. Darin begründe das Ministerium die Maßnahme mit dem Wunsch, für alle EU-Angehörigen gleiches Recht zu schaffen. Nach einem Urteil des Bundessozialgerichts vom Oktober 2010 hatten jedoch Zuwanderer aus den 17 Staaten des Europäischen Fürsorgeabkommen (EFA) Anspruch auf Hartz IV-Leistungen.

Dazu Martin Behrsing, Sprecher des Erwerbslosen Forum Deutschland:

„Für uns hat diese Entscheidung einen sehr befremdlichen Geruch und wir halten die Gründe, gleiches Recht für alle zu schaffen für vorgeschoben. Tatsächlich geht es darum Menschen aus den Ländern fernzuhalten, die gerade unter dem maßgeblichen Druck der Bundesregierung und der Troika aus Europäischer Zentralbank (EZB), Internationaler Währungsfond (IWS) und der EU einen radikalen Sozialkahlschlag und einen massiven Abbau demokratischer Rechte hinnehmen mussten, während die deutsche Exportwirtschaft und die Finanzwirtschaft dadurch profitiert. Menschen, die ins soziale Elend gestützt wurden sollen auf keinen Fall bei uns Arbeit suchen dürfen. Das will die Bundesregierung schon selber steuern, welche Arbeitskräfte und Menschen sie hier haben will und welche nicht.

Aus diesem Grund wird sich auch das Erwerbslosen Forum Deutschland vom 17. bis 19. Mai an den internationalen Protesten gegen die europaweite Kürzungspolitik beteiligen. Unter anderem soll am 18. Mai die Europäische Zentralbank blockiert werden, um die Rolle der EZB in der Troika deutlich werden zu lassen. Die Abschottung Deutschlands vor Griechen, Portugiesen und Spaniern hat für uns etwas Unerträgliches. Als ob man die hohe Arbeitslosigkeit unter den jungen Menschen dort nicht zur Kenntnis nehmen will“.

 

TIPP: Rechtsmittel gegen Ablehnung von ALG II für Unionsbürger einlegen – deutscher Vorbehalt gegen das EFA ist wirkungslos

Kein Grund zur Entwarnung: Paritätische Studie belegt dramatische Kinderarmut durch Hartz IV

Berlin (ots) – Vor einer Verhärtung der Kinderarmut in Deutschland auf hohem Niveau warnt der Paritätische Wohlfahrtsverband in einer neuen Studie. Der Verband fordert eine arbeitsmarktpolitische Kehrtwende, die bessere Unterstützung von Alleinerziehenden sowie eine Totalreform der Hartz IV-Leistungen für Kinder.

„Es gibt keinen Anlass zum Jubel. Wir haben in Deutschland nach wie vor eine skandalös hohe Kinderarmut. Die gute Arbeitsmarktentwicklung kommt bei Kindern in Hartz IV kaum an“, so Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen. Zwar zeichne sich in allen ostdeutschen Bundesländern ein deutlich positiver Trend ab, doch verharre der Anteil armer Kinder bundesweit seit Einführung von Hartz IV auf fast gleichbleibend hohem Niveau: Jedes siebte Kind unter 15 Jahre lebe von Hartz IV, in Ostdeutschland sogar jedes vierte. Besonders besorgniserregend sei die Entwicklung im Ballungsraum Ruhrgebiet, wo die Kinderarmut seit Jahren stetig ansteigt. „Die Hartz IV-Quote im Revier liegt mit 25,6 Prozent mittlerweile höher als in Ostdeutschland, Gelsenkirchen steht mit einer Quote von 34,3 Prozent schlechter da als Berlin“, warnt Schneider. Die Entwicklung in Städten wie Mülheim oder Hamm mit Zuwächsen von bis zu 48 Prozent in fünf Jahren komme einem armutspolitischen Erdrutsch gleich, der nicht länger ignoriert werden dürfe.

Nach der Studie, die auch Ländertrends abbildet, sind kinderreiche Familien und Alleinerziehende besonders gefährdet, und zwar unabhängig von ihrem Wohnort oder wirtschaftlichem Umfeld. Selbst im wirtschaftsstarken Baden-Württemberg lebe jede dritte Alleinerziehende mit ihren Kindern von Hartz IV. Scharfe Kritik übt der Verband in diesem Zusammenhang an der Arbeitsmarktpolitik der Bundesregierung: „Durch die aktuellen Kürzungen drohen insbesondere auch Alleinerziehende und ihre Kinder zu Opfern einer neuen Zwei-Klassen-Arbeitsmarktpolitik zu werden. Der Fokus auf den Ausbau der Kinderbetreuung greift zu kurz. Die Hälfte der Frauen hat keinen Berufsabschluss. Ohne passgenaue Hilfen bei der Qualifizierung und ohne öffentlich geförderte Beschäftigungsangebote wird man den meisten Alleinerziehenden im Hartz IV-Bezug nicht helfen können“, so Schneider.

Neben einer arbeitsmarktpolitischen Kehrtwende fordert der Paritätische eine Reform des Kinderzuschlags sowie der Hartz IV-Leistungen selbst: „Wir brauchen eine kräftige Erhöhung der Kinderregelsätze, eine echte schulische Bildungsoffensive sowie einen Rechtsanspruch für einkommensschwache Kinder auf Teilhabe – vom Sportverein über die Musikschule bis zur Ferienfreizeit mit dem Jugendclub.“

Details finden Sie im Internet unter: www.der-paritaetische.de/armekinder

Saure Gurke geht an Amazon

Bonn – Alljährlich zu Aschermittwoch  verleiht die Gewerkschaftliche Erwerbslosengruppe im DGB Bonn / Rhein-Sieg die „Saure Gurke“, um damit eine öffentlich wirkende Persönlichkeit auszuzeichnen, die sich im zurückliegenden Jahr durch einen hervorragenden Beitrag zur „Beleidigung, Ausgrenzung oder weiteren Verschlechterung der sozialen Lage der Erwerbslosen“ hervorgetan hat. In diesem Jahr wurde der Online-Versandhändler AMAZON ausgezeichnet. Amazopn war im vergangen Jahr wegen seiner fragwürdigen Praktika massiv in die öffentliche Kritik geraten.

 

Herr Armin Cossmann

Regional Director Operations bei Amazon.de

Amazonstr. 1

04347 Leipzig

 

 

Sehr geehrter Herr Cossmann,
hiermit verleiht Ihnen die Gewerkschaftliche Arbeitslosengruppe im DGB-Kreisverband Bonn / Rhein-Sieg aus Anlass unseres elften arbeitsmarktpolitischen Aschermittwoches vor der Bonner Agentur für Arbeit die „Saure Gurke“. Wir überreichen Ihnen diese Auszeichnung in der Anlage (siehe Tupperdose). Sie haben sich den Preis durch Ihre offensive Ausnutzung der Notlage von Erwerbslosen mittels der Praxis kostenloser „Einarbeitungs-Praktika“ unter geschickter Ausnutzung öffentlicher Förderpolitik diverser Jobcenter redlich verdient. Letztere tragen insoweit für diese Praktiken Mitverantwortung, ebenso für die Verfestigung und Ausweitung der betont deregulierten und miesen Arbeitsbedingungen der Logistikzentren von Amazon.

Alljährlich zu Aschermittwoch verleiht die Gewerkschaftliche Arbeitslosengruppe im DGB Kreisverband Bonn / Rhein-Sieg die „Saure Gurke“, um damit eine öffentlich wirkende Persönlichkeit auszuzeichnen, die sich im zurückliegenden Jahr durch einen hervorragenden Beitrag zur „Beleidigung, Ausgrenzung oder weiteren Verschlechterung der sozialen Lage der Erwerbslosen“ hervorgetan hat (vgl. Geschäftsbericht 2001-2005 des DGB Bonn / Rhein-Sieg / Oberberg, S. 51). Die Preisträgerin für das Jahr 2010 war Bundesministerin Ursula von der Leyen. Auch Gerhard Schröder, Wolfgang Clement, Michael Rogowski, Dr. Peter Hartz, Franz Müntefering und Dr. Dieter Hundt gehörten schon zu den Preisträgern. Sie sehen, Sie befinden sich in prominenter Gesellschaft. Sie erhalten den Preis der „Sauren Gurke“ für das Jahr 2011 aus folgenden drei Gründen:
1. Nach den Kriterien unserer Jury hat sich der Versandhandel von Amazon Deutschland durch die Praxis preiswürdig erwiesen, insbesondere zu Boom-Zeiten wie der Vorweihnachtszeit 14-tägige unbezahlte Praktika vor eine Arbeitsaufnahme vorzuschalten. Dabei hat sich Amazon den eingesparten Lohn der Erwerbslosen über das jeweils zuständige Jobcenter als „Maßnahme zur Aktivierung und Wiedereingliederung“ bezahlen lassen. Diese Praxis hat in 2011 insbesondere an den Logistikzentren in Werne und Rheinberg, früher aber auch an den Logistikzentren Graben, Bad Hersfeld und Leipzig,  stattgefunden. Von dieser obligatorische Vorschaltung lohnloser „Einarbeitungsphasen“ – bei einem vergleichsweise einfachen Tätigkeitsspektrum – haben Sie in nachgewiesenen Fällen auch nicht abgelassen, wenn diese schon im selben Logistikzentrum von Amazon gearbeitet hatten, vgl. Pressemitteilung des Erwerbslosen-Forums vom 21.11.2011 (1). Auch wenn Sie damit eine Gesetzeslücke ausnutzen (2), bewerten wir diese Praxis eindeutig so, dass Sie die Not- und Zwangslage von Erwerbslosen für betriebliches Lohndumping missbraucht haben. Zudem kann die Beschäftigungsperspektive, die Sie als Hintergrund für die Eingliederung in Arbeit von Erwerbslosen angeben, so gehaltvoll und stabil nicht sein. Auf die Frage von Spiegel online vom 01.12.2011 (3), wie viele der 10.000 Saisonarbeitskräfte in 2011 „unbefristet übernommen werden“, antworteten Sie: „Erfahrungsgemäß werden pro Standort mehrere Hundert Mitarbeiter nach der Saison weiterbeschäftigt“. Sie haben damit nicht auf die Frage geantwortet, ob unbefristet beschäftigt bzw. Erwerbslose „dauerhaft in Arbeit integriert“ werden oder doch nur überwiegend befristet bzw. kurzfristig kündbar.

Wir wollen nicht verschweigen, dass nach unserer Auffassung an dieser von den Amazon Logistikzentren in Deutschland geübten Praxis von Mitnahmeeffekten nur die Spitze eines Eisberges auf dem Arbeitsmarkt sichtbar wird: Dies ist eine Fehlentwicklung, die der Öffnung für prekäre und atypische Beschäftigungsmodelle durch die sog. Hartz-Reformen zu verdanken ist. Unter dieser Fehlentwicklung leiden Erwerbslose um so häufiger und härter, da sie durch die Sanktionspolitik der Arbeitsverwaltung zu prekärer Arbeit gezwungen werden können.
2. Entgegen Ihren Bekundungen in Spiegel-Online vom 01.12.2011 (3), dass Saisonarbeiter – „pro Standort werden mehrere Hundert Mitarbeiter weiter beschäftigt“ – einen festen Arbeitsplatz erhalten, sah die Realität beispielsweise am Standort Bad Hersfeld völlig anders aus. Dort hatten von Januar bis September 2011 von 3.700 MitarbeiterInnen 2.100 nur einen befristeten Arbeitsvertrag, ab September bis Weihnachten waren sogar ca. 80 % des Personals befristet. Allerdings wurden laut einem Mitarbeiter von Verdi/Hessen am Standort Bad Hersfeld erst ab Januar 2012 1.170 Saisonkräfte aus dem Weihnachtsgeschäft unbefristet übernommen. Es fällt dabei aber auf, dass darunter überwiegend jüngst eingestellte Personen sind, die erst nach einer Beschäftigungszeit von 6 Monaten unter den Kündigungsschutz fallen. Selbst „Co-Workers“, wie Vorarbeiter bei Amazon heißen (4), werden nur befristet beschäftigt.

Während bei vergleichbaren Arbeitgebern im Versandhandel Mitarbeiter den Tariflohn im Einzel- und Versandhandel zwischen 11,47 und 11,94 Euro erhalten, zahlen Sie Ihren Mitarbeitern lediglich zwischen 9,65 und 11,12 Euro. In den neuen Ländern sind es z.B. am Standort Leipzig zu Beginn nur 7,76 und am Ende 8,65 Euro. Selbstverständlich ist von 2006 bis September 2011 bei allen Logistikzentren von Amazon keine Lohnerhöhung erfolgt (5). Es verwundert auch nicht, dass Sie Ihren Mitarbeitern generell Weihnachtsgeld, Urlaubsgeld und vermögenswirksame Leistungen sowie tarifliche Zuschläge für Sonn- und Feiertagsarbeit und Einmalzahlungen vorenthalten (6). Auch andere Arbeits- und Vertragsbedingungen sind teilweise rechtlich mehr als bedenklich, denn „laut Arbeitsvertrag kann Amazon während der ersten drei Monate den Vertrag mit einer Frist von einem Tag kündigen. Nach Ablauf der ersten drei Monate beginnt dann erst die sechsmonatige Probezeit“ (7). Zudem wurden MitarbeiterInnen in Rheinberg unter Androhung der Kündigung gezwungen sieben Tage die Woche zu arbeiten (8). Unmenschlich sind auch Kontrollsysteme, die für das Aufsuchen der Toilette eine Abmeldung erforderlich machen oder Versuche, private Ge-

spräche am Arbeitsplatz zu untersagen (9).

3. Nicht unerwähnt lassen wollen wir auch einige problematische Geschäftspraktiken Ihres Unternehmens: Den Vorwurf, den Sozialstaat auszunutzen, der Erwerbslosen pauschal gemacht wird, reichen wir Amazon aus guten Grund weiter! Fast 1 Million Euro, die Sie durch Ihre Praxis der unbezahlten Praktika für Erwerbslose im Jahre 2010 laut der Regionaldirektion NRW der Arbeitsagentur an Löhnen gespart haben (10), ging zu Lasten des Steuer- und Beitragzahlers. Während hier Gelder für die Subventionierung von Amazon ausgegeben wurden, ohne dass die betroffenen Erwerbslosen eine realistische Aussicht auf eine langfristige und existenzsichernde Arbeit bekamen, fehlten diese u.a. für durchaus aussichtsreich erscheinende Weiterbildungs- und Umschulungsmöglichkeiten bei den Arbeitsagenturen. Tief in die Tasche greifen musste der Steuerzahler auch, als Amazon seine wirtschaftliche Macht als Großunternehmen bei der Standortpolitik ausspielte – so war z. B. offensichtlich jüngst das „Absahnen-Können“ von Landesmitteln und regionalen Mitteln der Wirtschaftsförderung ein gewichtiger Grund, sich in Koblenz und Pforzheim niederzulassen (11). Ein Langzeiterwerbsloser hat dagegen kaum mehr die Chance, an Gelder für eine Existenzgründung zu kommen, während sich Lokalpolitiker von der Aussicht auf vermeintliche Arbeitsplätze bei Amazon blenden lassen.

Aber auch die Praktiken Ihrer Firma, ausgedehnt mit Fristverträgen zu operieren und die Tariflöhne des Einzel- und Versandhandels zu unterlaufen, kommen nicht nur die Betroffenen teuer zu stehen – einem Packer bei Amazon entgehen einschließlich Wechselschichtzulage laut Verdi bis zu 4.228 Euro im Jahr! – (12), sondern die gesamte Gesellschaft, wenn man bedenkt, wie viele Sozialabgaben dadurch verloren gehen und welche Kosten entstehen, wenn dann später die Rente womöglich nicht reicht.

Diese sowohl für Erwerbslose als auch für Ihre Beschäftigten und letztlich für alle Bürger unakzeptablen Geschäftspraktiken sind ein weiterer guter Grund, Ihnen die diesjährige „Saure Gurke“ zu verleihen. Wir wünschen Ihnen einen guten Appetit.
Mit freundlichen Grüßen
Ihre Gewerkschaftliche Arbeitslosengruppe im DGB Kreisverband Bonn / Rhein-Sieg

Kontakt: Horst Lüdtke, Gewerkschaftliche Arbeitslosengruppe im DGB Kreisverband Bonn / Rhein-Sieg, c/o Gewerkschaft Erzie-

hung und Wissenschaft StV Bonn, Endenicher Str. 127, 53115 Bonn, www.arbeitslos-bonn.de

info@arbeitslos-bonn.de

(1) Pressemitteilung des Erwerbslosenforums.de vom 21.11.2011 

(2) www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/0,1518,8000166,00.html

(3) www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/0,1518,800778,00.html

(4) siehe (1)

(5) http://www.amazon-verdi.de/hintergrunde/

(6) http://www.verdi.de/themen/arbeit/++co++3331a3c2-ffbc-11e0-4aa8-0019b9e321cd

(7) http://www.gegen-hartz.de/nachrichtenueberhartziv/hartz-iv-amazon-skandal-weitet-sich-aus-609033.php

(8) (http://www.brd-sozial.info/ALG-II-News/amazon-und-die-hartz-iv-ausbeutung-eine-presseschau.html)

(9) siehe (1)

(10) siehe (1)

(11) PM vom 15.12.12. http://www.golem.de/1112/88468.html

(12) http://www.verdi.de/themen/arbeit/++co++3331a3c2-ffbc-11e0-4aa8-0019b9e321cd