Bundeskanzlerin gegen Erhöhung des Hartz IV-Regelsatzes

Berlin – Bundeskanzlerin Angela Merkel hat sich im Streit über die sogenannte Hartz IV Reform gegen eine Erhöhung des Regelsatzes ausgesprochen, der über fünf Euro. „Ich habe bisher noch kein einziges Argument gehört, das Ursula von der Leyens Berechnungen überzeugend infrage stellt. Sie beruhen auf Daten und Fakten, die von ihr sehr sorgfältig geprüft worden sind“, sagte Merkel im Interview des „Hamburger Abendblatts“ (Sonnabendausgabe). Das Bundesverfassungsgericht erwarte eine „nachvollziehbare und für alle transparente Berechnung des Hartz IV-Satzes – und genau das hat das Arbeitsministerium geliefert“. Die FDP wies Berichte über ein Entgegenkommen bei der Höhe des Hartz IV-Regelsatzes für Erwachsene zurück. 

Die Höhe des Hartz IV-Satzes entscheide im Übrigen auch über die Frage, inwieweit sich die Aufnahme von Arbeit lohne. „Wir sind überzeugt: Wer arbeitet, soll mehr haben, als wenn er nicht arbeitet“, betonte Merkel. „Auch daran richtet sich die Diskussion aus.“

Gleichzeitig machte Merkel die Opposition für die Verzögerung bei der Umsetzung der Hartz IV-Reform verantwortlich. Die Bundesregierung hätte pünktlich zum Jahresende eine verfassungskonforme Hartz IV-Neuregelung vorgelegt. Ebenso würde das Bildungspaket für Kinder eine wichtige Verbesserung darstellen. „Die Verzögerung liegt am Widerstand der Opposition“, so Merkel weiter. Zugleich äußerte Merkel die Hoffnung, dass in nicht allzu ferner Zukunft im Bundesrat die Lösung gefunden wird.

Jetzt Leistungen für Bildung und Teilhabe beantragen!

Zum 1. Januar 2011 muss nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 9. Februar 2010 die Hartz IV-Regelleistung neu bemessen werden. Für den Fall, dass es zum 1.1.2011 keine gesetzliche Neuregelung gibt, hat das Bundesverfassungsgericht vorgeschrieben, die Neubemessung rückwirkend einzuführen. Um allerdings von den neuen Leistungen für Bildung und Teilhabe zu profitieren, müssen jetzt Anträge gestellt werden.

Seit Wochen streiten sich Regierung und Opposition über die Höhe der Regelleistung und das Bildungspaket für arme Kinder. Die Gesetzesänderung wird daher nicht vor März dieses Jahres in Kraft treten können. Da die neue Regelleistung für Kinder künftig ohne den Bedarf für Bildung und Teilhabe berechnet wird, müssen auch diese Leistungen rückwirkend zum Januar gewährt werden, um den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts zu genügen. Das bedeutet Kindern und jungen Erwachsenen ein soziokulturelles Existenzminimum zu gewährleisten, das ein Leben in Würde ermöglicht.

Die Sache hat aber einen Hacken: Leistungen für Bildung und Teilhabe werden größtenteils nur auf Antrag erbracht. Darauf weist der Erwerbslosenverein Tacheles e.V. aus Wuppertal jetzt hin. Ausnahme ist hier das sogenannte Schulpaket, das aber ohnehin erst mit Beginn des neuen Schuljahres zum August 2011 ohne Antrag fällig wird. Die anderen Bildungs- und Teilhabeleistungen müssen dagegen jetzt beantragt werden, um rückwirkend Ansprüche zu sichern.

Folgende Leistungen sind vorgesehen:
• die Übernahme der Kosten für eintägige Schul- oder Kindertagesstättenausflüge (mehrtägige Klassenfahrten werden bereits heute auf Antrag übernommen),
• Leistungen für Schülerbeförderung,
• zusätzliche Lernförderung falls erforderlich,
• Kosten für das Schulmittagessen und
• Sachleistungen zur Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben, etwa für Vereinsbeiträge, Musikunterricht oder Freizeiten in Höhe von derzeit 10 Euro monatlich.

Tacheles e.V. vertritt zwar die Ansicht, dass vor allen die jetzt zur Diskussion stehenden Leistungen für die Teilhabe der Kinder und Jungendlichen viel zu niedrig bemessen sind, um den tatsächliche Bedarf zu decken. Dennoch ist sofortiges Handeln von Nöten, um für die Kinder rückwirkend Ansprüche zu sichern. Der Erwerbslosenverein. rät den Eltern daher, solche Anträge bereits jetzt zu stellen.

Auch die Bundesagentur für Arbeit vertritt offensichtlich diese Ansicht. Auf ihrer Internetseite informiert sie über das neue Leistungsangebot
(Bildung und Teilhabe – www.arbeitsagentur.de).
Ein Antragsformular auf Leistungen für Bildung und Teilhabe kann bereits von der Seite der Agentur heruntergeladen werden
(http://www.arbeitsagentur.de/zentral…ungsantrag.pdf).