Jobcenter verhindern oftmals Leistungsanträge
Bonn – Nach einem Bericht des „Tagesspiegels“ verzichten zwischen 34 und 44 Prozent auf Hartz IV-Leistungen, obwohl sie darauf einen Anspruch hätten. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) in Nürnberg. „Demnach ist die Berechnung der Hartz IV-Regelsätze falsch, weil nach wie vor die verdeckte Armut nicht herausgerechnet wurde. Damit wird erneut deutlich, dass Hartz IV menschenunwürdig ist“, so Martin Behrsing, Sprecher des Erwerbslosen Forum Deutschland. Die Initiative fordert eine Anhebung der Regelsätze. Grundlage könnte das Positionspapier des im Dezember gegründeten Bündnisses für ein „menschenwürdiges Existenzminimum“ sein. ‚Erstmals hatten Erwerbsloseninitiativen, Gewerkschaften, Wohlfahrtsverbände und Bauern und Umweltverbände sich gemeinsam für deutlich höhere Regelsätze ausgesprochen.
Gründe, warum keine Leistungen beantragt werden, nennt das IAB in der Studie Unwissenheit, Scham oder eine nur sehr geringe zu erwartende Leistungshöhe. Die Linken-Vorsitzende, Katja Kipping sieht als Ursache auch die entwürdigende Prozedur in den Jobcentern.
„Dem können wir nur beipflichten. Viele Jobcenter müssen sich auch den Vorwurf gefallen lassen, dass sie aktiv daran mitwirken, um einen Leistungsantrag zu verhindern bzw. Menschen aus dem Leistungsbezug zu drängen“ so Behrsing weiter. Bestätigt fühlt sich das Erwerbslosen Forum Deutschland durch einen Vorstandsbrief der Bundesagentur für Arbeit zur „Planung und Steuerung der gemeinsamen Einrichtungen der Grundsicherung“ für 2013. So heißt es in dem Vorwort: „Der Erfolg unserer Anstrengungen wird in den nächsten Jahren noch mehr am Abbau des Langzeitleistungsbezugs gemessen.“ Für Behrsing heißt das: „Nicht Abbau der Arbeitslosigkeit ist das Ziel, sondern Abbau des Leistungsbezugs ist Parameter für erfolgreiche Arbeit. Und dazu scheinen alle Mittel recht zu sein.“
Als ein Beispiel nennt die Initiative: „Sogenannte Kunden versagt man auch mal gerne die Leistungen, weil sie ihren Mitwirkungspflichten nicht nachgekommen sind. Eine beliebte Methode ist, dass man dabei irgendwelche Unterlagen wiederholt anfordert, die angeblich nie angekommen sind. Dabei wird jedes Mal die Versagung der Leistung angedroht. Selbst wenn man Nachweise über die Abgabe der Unterlagen hat, scheint das auch wenig zu nutzen, wenn man nicht gerade rechtliche Hilfe in Anspruch nehmen kann.