Bonn – Das Erwerbslosenforum Deutschland begrüßt die heutige Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes zu den Hartz IV-Sanktionen; allerdings nur zum Teil. Zudem fordert es von Arbeiterminister Hubertus Heil sofort Weisung zu schaffen, damit auch unter 25-jährige Hartz IV-Bezieher_innen nicht mehr sofort zu hundert Prozent sanktioniert werden können. (Siehe auch TV-Beitrag WDR-TV )
Dazu Martin Behrsing, Sprecher des Erwerbslosenforum Deutschland:
„Grundsätzlich begrüßen wir die heutige Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes zur gängigen restriktiven Sanktionspolitik, wonach die totale Entziehung bzw. auch die 60-prozentige des Existenzminimums des Hartz IV-Regelsatzes verfassungswidrig ist. Menschenwürde ist ein Anspruch, der nicht von einer Gegenleistung abhängig ist, so das Bundesverfassungsgericht. Gleichzeitig hätten wir uns gewünscht, dass man Sanktionen so lange aussetzt bis es wissenschaftlich seriöse und valide Untersuchungen zur Wirkung bzw. Unwirksamkeit vorliegen.
Aus unserer Sicht verfehlen Sanktionen völlig ihre Wirksamkeit. In den vergangen 15 Jahren haben wir bisher jeden Menschen helfen können, die sich an unsere sozialrechtliche Beratung in Bonn wandten, dass die gegen sie erlassene Sanktionen letztendlich rechtlich keinen Bestand hatten, weil die Jobcentermitarbeiter_innen kein, bzw. fehlerhaftes Ermessen angewandt hatten. Dabei betrifft es hauptsächlich Menschen, die eigentlich entweder auf Grund mangelnden Sprachkenntnissen, intellektuellen Defiziten oder von Krankheiten nicht im Hartz IV-Bezug sein sollten. Mit Einführung von Hartz IV 2005 wurden fast 90 Prozent der Sozialhilfebezieher_innen in Hartz IV abgeschoben, obwohl eigentlich klar war, dass diese dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung stehen.
Eigentlich sind Sanktionen für uns immer der Ausdruck von Hilfslosigkeit oder Druck von „Oben“ der Jobcentermitarbeiter_innen gewesen. “
„Da dass Bundesverfassungsgericht sich heute nicht zu der Gruppe der unter 25-jährigen äußern wollte, fordere ich Arbeitsminister, Hubertus Heil auf eine sofortige Weisung zu erteilen, dass zumindest die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichtes zu den Hartz IV-Sanktionen auch entsprechend auf die Gruppe der unter 25-jährigen sofort angewendet wird. Diese Weisungsbefugnis hat er. Andernfalls werden wir mit Hochdruck darauf hinarbeiten, dass das Sozialgerichte entsprechende Anordnung bzw. Urteile treffen werden, die sich im Kontext des heutigen Urteils des Bundesverfassungsgerichts bewegen, so Martin Behrsing weiter.
Diese Weisungsbefugnis hat er. Andernfalls werden wir mit Hochdruck darauf hinarbeiten, dass das Sozialgerichte entsprechende Anordnung bzw. Urteile treffen werden, die sich im Kontext des heutigen Urteils des Bundesverfassungsgericht bewegen, so Martin Behrsing weiter.
Des weiteren bemängle ich die völlig fehlende Qualifikation der Mitarbeiter_innen in den Jobcentern. Die einzige Voraussetzung für einen Job als Fallmanager_in ist, dass ein akademischer Abschluss vorgewiesen wird. Egal in welchem Fach. So entscheiden beispielsweise Ethnologen oder Biologen über das Schicksal von Menschen in Hartz IV-Bezug. Daran ändert auch nicht die kurze Einführung der Mitarbeiter durch die Bundesagentur für Arbeit, denn Beratung von Menschen setzt intensive pädagogisch und psychologische Kenntnisse voraus, die nicht durch die kurzen Schulungen der Bundesagentur für Arbeit kompensiert werden können, so Behrsing heute.