Klassenkampf auf Gutscheinbasis

Ursula von der Leyens Gutscheinsystem nimmt konkrete Formen an: klassenkämpferische.

Frau von der Leyen plant, ein Gutschein- respektive Chipkartensystem für alle Kinder zu installieren, nachdem wohl der Protest vieler sozialrechtlich gebildeten Menschen und Organisationen sie davon überzeugen konnte, dass ein Gutscheinsystem allein nur für „Hartz-IV-Kinder“ stigmatisierende Auswirkungen haben wird. Jedoch: Arme müssen die Gutscheine in Anspruch nehmen, wenn sie die Leistung begehren, Reiche können und werden auch bar bezahlen, weil sie es sich leisten können, da sie nicht auf diese „Almosen“ angewiesen sind. Bei ihnen kann die geplante Chipkarte in der runden Ablage landen, ohne dass das konkrete Auswirkungen hätte, da sie selbst die Karte aufladen müssten und wahrscheinlich diesen unnützen Aufwand nicht betreiben werden.

Doch schauen wir uns die geplanten Leistungen an: Da ist die Rede z. B. von Nachhilfe. Das Bundesverfassungsgericht hat eindeutig festgestellt, dass der im Regelsatz enthaltende Anteil für die Bildung der Kinder nicht ausreicht. Es sprach eindeutig von Bildung, ohne eine Bewertung des angestrebten Bildungsgrades zu benennen. Und das ist auch gut so, denn jedes Kind hat eine andere Leistungs- und Bildungsfähigkeit. Kinder werden nicht auf einmal dümmer, wenn ihre Eltern erwerbslos werden. Frau von der Leyen will Kinder aber dümmer halten, wenn ihre Eltern erwerbslos werden oder sind. Anders können ihre Aussagen, die man auf Spiegel Online finden kann, nicht aufgefasst werden:

„Der Forderung, das Bildungspaket als Geldleistung auszuzahlen, erteilte von der Leyen ein klare Absage. Würde dies geschehen, hätte zwar jeder ein paar Euro zur Verfügung. „Um die Nachhilfe zu bezahlen, reicht das Geld aber immer noch nicht“, sagte die Arbeitsministerin. Da nicht alle Kinder Nachhilfe bräuchten, solle die Leistung nur jenen zugutekommen, die sie benötigten.“

Bildung besteht jedoch nicht nur in Nachhilfe. Bildung ist auch, wenn einem Kind z. B. ermöglicht wird, Ressourcen nutzen zu können, damit es am Wettbewerb „Jugend forscht“ teilnehmen kann. Mit einem Nachhilfegutschein hat das herzlich wenig zu tun. Doch daran ist die Ministerin nicht interessiert – intelligente junge Menschen aus den Reihen der Armen interessieren sie nicht.

Es offenbart sich, dass das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes zu den SGB-II-Regelsätzen vom Februar 2010 erneut keine sachlich fundierte, sondern eine politisch motivierte Änderung hervorbringen wird, also in einer Weise Tatsachen geschaffen werden, wie das bereits die rot-grüne Bundesregierung zur Einführung von Hartz IV durch hemdsärmlige Schätzungen der Bedarfe der Leistungsberechtigten tat. Dass Frau von der Leyen dabei sogar offen zugibt, dass der Bildungsbedarf der Leistungsempfänger bei Auszahlung des Bildungsanteils in Geldleistungen nicht gedeckt würde (willentlich, nicht sachlich begründet!), ist an Absurdität kaum noch zu überbieten. (Mario Nette)