NRW-Landtag lehnt Verschlechterungen bei Hartz IV ab

Düsseldorf – Der Landtag von NRW lehnt die von der Bundesregierung geplanten Verschlechterungen bei den Kosten der Unterkunft und Heizung für Menschen im ALG-II-Bezug ab. Auf Drängen der LINKEN wurde am Donnerstag im Landtag ein entsprechender Beschluss gefasst.

Nach Überzeugung der Linksfraktion dürfen die Finanznöte der Kommunen nicht auf Kosten der Ärmsten gelindert werden. Eben dies ist aber von der Bundesregierung geplant. „Die im aktuellen Hartz-IV-Gesetzesentwurf von Arbeitsministerin von der Leyen vorgesehenen Pauschalisierungen und Angemessenheitsgrenzen für Ansprüche auf Erstattung der Kosten für Unterkunft und Heizung führen faktisch zu Leistungskürzungen. Diesem Anschlag auf die Rechte von Hartz-IV-Bezieher/innen wurde heute ein erster Riegel vorgeschoben“ kommentiert Dr. Carolin Butterwegge, Sozialpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE. Butterwegge machte im Landtag noch einmal deutlich, dass DIE LINKE die Hartz-Gesetze auch weiterhin grundsätzlich ablehnt.

Mit dem am Donnerstag verabschiedeten Beschluss haben SPD und Grüne sich dazu verpflichtet, eine entsprechende Pauschalisierung oder eine Begrenzung der Kosten der Unterkunft in NRW nicht umzusetzen. Die Landesregierung steht nun im Wort. „Arbeitsminister Schneider muss jetzt sicherstellen, dass es zu den von der Bundesregierung vorgesehenen Satzungslösungen nicht kommt und die Kosten der Unterkunft und Heizung auch 2011 in gewohnter Höhe von den Kommunen übernommen werden.“

NRW: LINKE stellt Landesregierung auf den Hartz-IV-Prüfstand!

Düsseldorf – Zur heutigen Einreichung dreier Anfragen über die Position der Landesregierung in der aktuellen Hartz-IV-Debatte erklärt Dr. Carolin Butterwegge, sozialpolitische Sprecherin der Fraktion die LINKE:

„Wir haben nicht vergessen, dass SPD und Grüne die Hartz-Gesetze gegen breiten gesellschaftlichen Widerstand durchgedrückt haben – mit der Folge der Verarmung zahlreicher Erwerbsloser und Beschäftigter. Nun müssen SPD und Grüne in NRW Farbe bekennen: Die Stimme von Nordrhein-Westfalen ist im Bundesrat entscheidend, um die Pläne von Arbeitsministerin von der Leyen, Hartz-IV-Betroffene mit einer Erhöhung von 5 Euro abspeisen zu wollen, verhindern zu können!

Die Landesregierung und insbesondere Ministerpräsidentin Kraft müssen in der Hartz-IV-Debatte nun endlich sagen, wofür sie stehen und was sie durchsetzen wollen.

Wenn die Landesregierung Niedriglöhne, Kinderarmut und Leiharbeit glaubhaft einschränken will, kann am Ende nur eine Rücknahme der Agenda 2010 und Hartz IV stehen!“

Anfragen: 15_527 15_528 15-529

Offenbar sollen Hartz IV-Bezieher in Wohngemeinschaften 73 Euro weniger bekommen

Referentenentwurf zur Ermittlung von Regelbedarfen schafft neue Personengruppe

Bonn – Das Erwerbslosen Forum Deutschland macht darauf aufmerksam, dass offenbar erwachsene Hartz IV-Bezieher, die keinen eigenen Haushalt haben schlechter gestellt werden sollen. Als Begründung führt das Bundesarbeitsministerium auf, dass für diese neue Gruppe keine haushaltsgebundenen Kosten entstünden, da diese durch „andere Personen bereits abgedeckt sind“. Das Erwerbslosen Forum Deutschland sieht damit in Zukunft Eltern oder Mitbewohner in Wohngemeinschaften in Gefahr, dass diese so zu Zwangsbedarfsgemeinschaften gemacht werden. „Die Aufnahme eines Hartz IV-Beziehers in eine WG wird wohlmöglich in Zukunft bestraft, indem andere die Kosten mittragen sollen. Wir können dann nur diese Personengruppen auffordern, einen eigenen Haushalt zu begründen. Dann wird es halt für den Staat richtig teuer, indem er mehr Miete und andere Sachen bezahlen muss. Hartz IV sieht nicht vor, dass Eltern oder WG-Mitbewohner für Erwachsene aufzukommen haben“, so Martin Behrsing, Sprecher des Erwerbslosen Forum Deutschland

Das Erwerbslosen Forum Deutschland hält diese neu eingeführte Personengruppe für einen weiteren versteckten Posten um die Hartz IV-Leistungen insgesamt zu kürzen.
„73 Euro weniger für Lebensunterhalt ist schon ein Hammer. Dies ist etwa der Anteil an Strom, Warmwasser, Bekleidung und Schuhe, den der neue Regelsatz vorsieht. Für Energie, Anschaffung bzw. Reparatur von Geräten Wohnungsinstandhaltung etc. müssen dann wohl die Eltern oder Mitbewohner aufkommen. Widerlegen ließe sich das nur, indem man in einer WG oder im Haushalt der Eltern einen eigenen Kühlschrank, Herd, Waschmaschine, Badezimmer vorweisen kann. Ich kann nur alle Oppositionsparteien auffordern, dem ganzen Gesetzvorhaben nicht zu zustimmen und darauf zu drängen, dass der Eckregelsatz deutlich erhöht wird. Nur für Ernährung fehlen schon jetzt mindestens 80 Euro monatlich, von den anderen Bedarfen abgesehen“, so Behrsing weiter.

In dem vorgelegten Referentenentwurf heißt unter § 8: „für erwachsene Leistungsberechtigte, die keinen eigenen Haushalt führen, weil sie im Haushalt anderer Personen leben, (Regelbedarfsstufe 3) auf 291 Euro“. In der Begründung dazu heißt es: „die neue „Regelbedarfsstufe 3 wiederum beinhaltet eine erwachsene Person, die keinen eigenen Haushalt führt, weil sie im Haushalt anderer Personen lebt und die haushaltsgebundenen Kosten durch diese anderen Personen bereits abgedeckt sind. Diese Differenzierung lässt sich im Übrigen mit den regelbedarfsrelevanten Verbrauchsausgaben des Einpersonenhaushaltes belegen.“

Nach Ansicht des Erwerbslosen Forum Deutschland wird diese Regelung vor Gerichten wahrscheinlich kein Bestand haben. Allerdings können gerichtliche Entscheidungen hierzu dauern.

Systemfrage stellen!

Nach monatelangem Schweigen lässt die Bundesregierung in Berlin die Katze aus dem Sack: Statt der Einführung einer armutsfesten Mindestsicherung, wird das Arbeitslosengeld II für Erwachsene um fünf Euro erhöht, die Sätze für Kinder bleiben konstant niedrig. Gutscheine für Bildung auf niedrigstem Niveau sollen eine Erhöhung der Kindersätze ersetzen. Die Pauschalen für Alkohol und Nikotin weichen den Pauschalen für die Praxisgebühr und Internetkosten. Als Bemessungsgrundlage dient nicht, was ein Mensch zum Leben braucht, sondern was sich Niedrigverdienende in Deutschland leisten können.

 Katharina Schwabedissen, Landessprecherin DIE LINKE. NRW

Katharina Schwabedissen, Landessprecherin DIE LINKE. NRW

Katharina Schwabedissen, Landessprecherin DIE LINKE. NRW erklärt dazu: „Die Bundesregierung erklärt mit dieser Entscheidung nicht nur, dass sich in der BRD Würde nicht am Menschsein, sondern an unwürdigen Niedriglöhnen orientiert. Sie erklärt darüber hinaus Eltern, die in Hartz IV leben, pauschal für unmündig, indem sie ihnen abspricht, Geld für Kinder auch für das Wohl der Kinder auszugeben. Gestrichen werden die Pauschalen für Nikotin und Alkohol. Das ist soziale Prohibition durch die Hintertür ausgerufen. Ziel dieser Regierung ist die Ausgrenzung, Bevormundung und Entmündigung aller, die der Arbeitsmarkt nicht mehr braucht.“


Sylvia Gabelmann, stellvertretende Sprecherin DIE LINK

Sylvia Gabelmann, stellvertretende Sprecherin DIE LINK

Sylvia Gabelmann, stellvertretende Sprecherin DIE LINKE, ergänzt: „Die Bundesregierung hetzt Menschen ohne Arbeit und Menschen, die sich zu Hungerlöhnen verdingen müssen, gegeneinander auf, anstatt dafür zu sorgen, daß alle Menschen in Deutschland in Würde leben können – ob mit oder ohne Arbeit. Um das zu erreichen, brauchen wir eine radikale Umverteilung von oben nach unten und zwar sofort! Wir brauchen einen gesetzlichen Mindestlohn und eine armutsfeste Mindestsicherung. Wir brauchen eine radikale Arbeitszeitverkürzung ohne Lohnverlust, damit nicht einige sich kaputt schuften und andere überhaupt keine Arbeit bekommen. Ein System, das angeblich systemrelevanten Banken Hunderte von Milliarden hinterher schmeißt und gleichzeitig Hartz IV-Sätze um einen lächerlichen Betrag von fünf Euro erhöht, muss in Frage gestellt werden.“

Die Regelsatzerhöhung um 5 Euro ist eine Verhöhnung von Erwerbslosen

BAG Prekäre Lebenslagen ruft auf zur Demonstration am 10.10. nach Oldenburg: Krach schlagen statt Kohldampf schieben!

Das Bundesverfassungsgericht hat im Februar dieses Jahres festgelegt, dass die Neubemessung der Hartz IV-Regelsätze bis 1. Januar 2011 in einem transparenten Verfahren nachvollziehbar begründet erfolgen muss. Arbeitsministerin von der Leyen zeigt bislang keine Anzeichen, die Vorgaben des höchsten Gerichts umzusetzen. Auch diesmal folgte die Festlegung des soziokulturellen Existenzminimums, des sogenannten Eckregelsatzes, den politischen Vorgaben der Regierungsparteien. Anstelle das Bemessungsverfahren offenzulegen und eine öffentliche Debatte darüber zu führen, was der Mensch zum Leben braucht, wurde über den Alkohol- und Tabakkonsum von Erwerbslosen und einkommensarmen Menschen debattiert und die Befriedigung des Bildungsbedarfs und der sozialen Teilhabe von Kindern und Jugendliche durch diskriminierende Gutscheine und Chipkaten propagiert.

Als Ergebnis der Neubemessung wurde gestern eine Erhöhung der Regelleistung um lediglich 5 Euro bekanntgegeben. Diese Festsetzung wird ohne Grund im Eiltempo durchgeführt. Das Datenmaterial wurde schließlich erst Ende letzter Woche vom statistischen Bundesamt zur Verfügung gestellt. Gleichzeitig sieht der letzte Woche vorgelegte Entwurf einer umfassenden Hartz IV-Gesetzesänderung eine Reihe von gravierenden Einschnitten vor. So sollen die Eckregelsätze für Kinder in der Höhe gedeckelt werden, der befristete Zuschlag nach dem Bezug von Arbeitslosengeld fällt ersatzlos weg und die Wohn- und Heizkosten sollen kommunalisiert und pauschalierbar gemacht werden. Weitere Verschärfungen sind unter anderem bei Sanktionen und beim Hartz-IV-Verwaltungsverfahren geplant.

Mit dem aktuellen Gesetzgebungsverfahren will die Bundesregierung die Öffentlichkeit bewusst in die Irre führen. Menschen, die auf Sozialleistungen zum Lebensunterhalt angewiesen sind, geraten zunehmend in materielle Notlagen und ins gesellschaftliche Abseits. Die ignorante Haltung der Fachministerin verhöhnt die Betroffenen: „Die Erhöhung von 5 Euro ist völlig unakzeptabel, weil allein ein Zuschlag von 80 Euro monatlich für die gesunde Ernährung eines Erwachsenen erforderlich wäre. Dabei sind andere Aspekte der Teilhabe und Bildung noch gar nicht berücksichtigt“, erklärt Vorstandsmitglied Claudia Kratzsch von der BAG Prekäre Lebenslagen. „Mit diesem Gesetzgebungsverfahren wird eine neue Klagewelle heraufbeschworen, aber wir werden auch andere Mittel nutzen, um die Regierungspläne zu durchkreuzen.“

Deshalb ruft die BAG Prekäre Lebenslagen Erwerbslose und Erwerbstätige sowie BezieherInnen von Sozialhilfe, Wohngeld, Rente etc. gemeinsam zur Teilnahme an der bundesweiten Demonstration am 10. Oktober in Oldenburg auf. Wir wollen „Krach schlagen statt Kohldampf schieben!“ und fordern die sofortige Erhöhung des Hartz IV-Regelsatzes um mindestens 80 Euro.Erwerbsloseninitiativen wollen gemeinsam mit Erzeugern von Nahrungsmitteln und Beschäftigten in Discountern klar machen, dass auch Hartz- IV-Beziehende ein Anrecht haben auf Leistungen, mit denen sie sich gesunde Lebensmittel leisten können und dass sie gleichzeitig zu fairen Erzeugerpreisen und Löhnen im Einzelhandel beitragen können. Zu wenig Hartz IV ist schlecht für alle. „Wir wollen uns von dem Vorpreschen der Regierung nicht lähmen lassen. In Oldenburg werden Erwerbslosenzusammenhänge nach längerer Zeit wieder eine unabhängige bundesweite Demonstration organisieren. Das wird der Anfang einer Kette von Aktionen sein. Wir wollen uns in der Debatte um den Regelsatz Gehör verschaffen, denn noch ist das letzte Wort nicht gesprochen“, sagt Hinrich Garms von der BAG Prekäre Lebenslagen.