Treibjagdsaison auf Hartz IV Betroffene eröffnet

2005-09-05-2-4143 arbeiterfotografie.comUnternehmensberatung Roland Berger krempelt ARGEN um  

Köln/Bonn. Geht es nach dem Willen der Unternehmensberatung ‚Roland Berger’, sollen zukünftig nur noch effiziente Erwerbslose zwischen 25 – 40 Jahre und abgeschlossener Ausbildung umfassende Beratung und Betreuung durch die Argen erhalten. Dies geht aus einem internen Arbeitspapier der Kölner ARGE hervor, das dem Erwerbslosen Forum Deutschland vorliegt. Die Kölner Arge gilt als ein Modellprojekt der Bundesagentur für Arbeit. Die Unternehmensberatung erstellt zurzeit in der Arge Köln Konzepte um Geschäftsprozesse zu optimieren, die dann auf weitere Hartz IV-Behörden übertragen werden können. Eine Handlungsmaxime des Papiers lautet: ‚Treiber statt Getriebener’.

Laut der Analyse von ‚Roland Berger’ sprechen in der ARGE zu viele Menschen wegen Problemen bei Leistungsangelegenheiten vor. Dies führe dazu, dass es an einem einheitlichen Vorgehen und wenigen Zielvorgaben bei der Aktivierung von Erwerbslosen fehle. Dem Papier nach sollen so genannte kundeninitiierte Vorsprachen  – gerade wegen Problemen bei der Leistungsgewährung – zukünftig deutlich reduziert werden und durch Telefonhotlines und einem neu gestalteten Eingangsbereich abgefedert werden. Ziel sei die von Mitarbeitern selbst gesteuerte Bestandsaktivierung und das Setzen von Prioritäten bei den Leistungsempfängern. ‚Treiber statt Getriebener’ soll eine Handlungsmaxime der Fallmanager werden. Dies meint stärkere Kontrollen, Zuweisung in Maßnahmen und Sanktionierung von Erwerbslosen.  Gleichzeitig sollen die ALG II-Empfänger in vier verschiedene Kundengruppen mit unterschiedlichen Kontaktdichten eingeteilt werden. Den meisten Kontakt zum Fallmanager erhalten dabei die Erwerbslosen zwischen 25 – 40 Jahren und abgeschlossener Ausbildung. Hingegen sollen Schwerbehinderte und nicht weiter definierte sonstige Arbeitslose maximal zweimal im Jahr einen Kontakt zum Fallmanager erhalten. Stellungnahmen hierzu wurden vom Geschäftsführer der Kölner ARGE , Josef Ludwig als auch von der Unternehmensberatung ‚Roland Berger’abgelehnt.  

Das Erwerbslosen Forum Deutschland hält diese Pläne für skandalös. Es würde im Widerspruch zu den Grundgedanken bei der Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe stehen. „Gerade die besondere und intensivere Betreuung der Langzeitarbeitslosen waren das Ziel dieser Gesetzesänderung. So wird es nochmals deutlich. Arbeitsagentur und Kommunen verabschieden sich endgültig von ihrem sozialpolitischen Auftrag und bauen mit Hilfe der  Unternehmensberatung ‚Roland Berger’ unser Sozialsystem zu einem erfolgsorientierten Wirtschaftssystem um. Nichteffiziente Menschen haben in dem System nichts zu suchen und sollen durch Callcenter und umgestaltete Empfangsbereiche abgewimmelt werden. Die Konsequenz ist, dass Menschen nicht mehr falsche oder fehlende Leistungen schnell klären können“, so Martin Behrsing, Sprecher des Erwerbslosen Forum Deutschland.  

Heiko Naumann vom Erwerbslosen Forum Deutschland in Köln meint dazu: "Wenn die Unternehmensberatung behauptet, ausgerechnet bei den Ärmsten der Armen das meiste Einsparpotenzial heraus holen zu können und nunmehr quasi im Mechanismus der 'anderen Seite' experimentieren darf, dann untermauert das den politischen Willen, die Repression zu verschärfen. Nicht zu vergessen, dass ‚Roland Berger’ es in Gelsenkirchen schaffte, in vier Monaten über 15 Prozent der unter 25jährigen Anspruchsberechtigten gänzlich aus dem Leistungsbezug zu kicken.  Die Unternehmen suchen sowohl willige, als auch billige Arbeitskräfte, ‚Roland Berger’ – als Berater der Unternehmen – hat nunmehr die Chance, im sensibelsten Bereich daran mitzuwirken, potenzielle Arbeitskräfte darauf einzuschwören."

 

Internes Papier als Download: http://www.erwerbslosenforum.de/rolandberger.pdf