Änderungen bei den Hartz IV-Regelbedarfen ab Januar 2012

Nürnberg – Zum Jahreswechsel treten einige gesetzliche Änderungen in Kraft, die insbesondere Kunden der Grundsicherung betreffen. Darauf wies heute die Bundesagentur für Arbeit hin. Konkret gelten ab 1. Januar neue Regelbedarfe für Hartz IV. Alleinstehende und alleinerziehende Personen erhalten monatlich 374 Euro, also 10 Euro mehr. Mit der Erhöhung sollen die Preissteigerungen aufgefangen werden. Zudem orientieren sich die Anpassungen auch an der Lohnentwicklung und nicht mehr, wie bis 2009 an der Rentenentwicklung. Letztmalig wurde der Hartz IV-Regelsatz im Juli 2009 angepasst. Fachleute kritisieren, dass die jetzige Erhöhung um zehn Euro an der tatsächlichen Preissteigerung vorbei geht. Zudem wird kritisiert, dass bei Kindern und Jugendlichen keine Erhöhung vorgenommen wurde.

Konkret erhalten:

Alleinstehende und allerziehende Leistungsberechtigte: 374 Euro

Zwei in einem gemeinsamen Haushalt zusammenlebende Partner, jeweils: 337 Euro

Erwachsene Leistungsberechtigte, die keinen eigenen Haushalt und keinen gemeinsamen Haushalt mit einem Partner führen: 299 Euro

Jugendliche von 14 bis unter 18 Jahre: 287 Euro

Kinder von 6 bis unter 14 Jahre: 251 Euro

Kinder von 0 bis unter 6 Jahre: 219 Euro

Einige vom Regelbedarf abhängige Mehrbedarfe, zum Beispiel für Alleinerziehende, fallen ebenfalls höher aus. Die Anpassungen sollen automatisch von der Bundesagentur für Arbeit (BA) vorgenommen werden, damit sind gesonderte Anträge in den Jobcentern nicht erforderlich. Ebenfall erhalten alle  Bedarfsgemeinschaften bis Ende Dezember 2011 einen schriftlichen Bescheid über die für sie jeweils eintretenden Änderungen, so die BA laut einer Pressemitteilung.

Menschen, die am Bundesfreiwilligendienst oder Jugendfreiwilligendienst teilnehmen und ergänzend Hartz IV beziehen, dürfen künftig von ihrem Taschengeld 175 EUR monatlich behalten, ohne ihre Ausgaben (für Versicherungen und Werbungskosten) nachweisen zu müssen. Dabei werden 115 Euro laufende Ausgaben und 60 Euro Taschengeld zugrunde gelegt. Sind die laufenden Ausgaben nachgewiesen höher als 115 Euro, werden diese zuzüglich 60 Euro berücksichtigt.

Harz IV: Weihnachtsbaum seit 2011 gestrichen

Foto: Gabi Schönemann / Pixelio

Foto: Gabi Schönemann / Pixelio

Bonn – Am 1. April sind für Hartz IV-Leistungsbezieher die neuen Regelsätze rückwirkend zum 1. Januar in Kraft getreten. Nur ganze fünf Euro mehr gestand der Vermittlungsausschuss nach zähen Verhandlungen den erwachsenen Menschen zu, während Kindern und Jugendliche keine Erhöhungen bekamen. Mit der sogenannten Hartz IV-Reform wurden aus dem Regelsatz auch zahlreiche Positionen herausgestrichen, die angeblich nicht „existenzsichernd“ seien. Bekannte Beispiele sind die Streichung von Alkohol und Tabakwaren. „Was aber viele Menschen nicht wissen, dass der Weihnachtsbaum ebenfalls aus dem Regelsatz entfernt wurde, weil er nicht zum erforderlichen Grundbedarf gehöre“, so Martin Behrsing, Sprecher des Erwerbslosen Forum Deutschland.

Der Weihnachtsbaum gehörte noch bis 2010 zu den Positionen „Schnittblumen und Zimmerpflanzen“ der Einkommens- und Verbraucherstichprobe (EVS). Mit der Neuberechnung wurde ab 2011 den Hartz IV-Leistungsbeziehern diese Position aberkannt. Die Gesetzesbegründung lautete: „Die Position „Schnittblumen und Zimmerpflanzen“ gehören nicht zum erforderlichen Grundbedarf und sind nicht existenzsichernd. Sie werden deshalb auch nicht mehr für den Regelbedarf berücksichtigt.“ (Bundestags-Drucksache 17/3404 Seite 62).

„Mit Mehrheit von CDU, FDP und SPD wurde der Weihnachtsbaum und damit letztendlich auch das Weihnachtsfest endgültig gestrichen, weil es nicht zum erforderlichen Grundbedarf von Menschen in Armut gehört. Das angeblich vorrangige Ziel von Arbeits- und Sozialministerin Ursula von der Leyen (CDU), die Bekämpfung von „Armut und sozialer Ausgrenzung“(*), wurde damit als Heuchelei entlarvt. Wie sich das mit der christlichen Grundhaltung unserer Arbeitsministerin verträgt, bleibt mir ein Rätsel“, sagte Martin Behrsing in Bonn.

(*) www.bmas.de

Anonymous droht Jobcentern mit Sanktionen

Mit einer Videobotschaft hat sich das Hacktivistenkollektiv Anonymous an die deutschen Jobcenter gewandt. In dem auf „You Tube“ verbreiteten Video nahm die Gruppe Stellung zur alltäglichen Hartz IV-Praxis der Schikane und Vermittlung in den Niedriglohnsektor. Die Hacker „können es nicht mehr verantworten, dass Arbeitsuchende vom Jobcenter schikaniert und in den Niedriglohnsektor vermittelt werden“. Die Jobcenter sollten das als „Warnung“ betrachten, denn man lasse sich „nicht länger versklaven und ausbeuten“, so die Botschaft von Anonymous.

Sollte diese Praxis nicht aufhören, würden die Jobcenter „sankioniert“. Die etwa 50 sekundige Botschaft endet damit, dass den Jobcenter mitgeteilt wird, dass „wir (Anonymous) sind viele. Wir vergeben nicht. Wir vergessen nicht. Erwartet uns“. Ob Mitarbeiter in den Hartz IV-Behörden sich davon beeindrucken lassen, konnte zum jetzigen Zeitpunkt nicht festgestellt werden, da diese Botschaft wahrscheinlich noch nicht großartig bekannt ist.

 

Wir trauern um den engagierten Rechtanwalt und Sozialaktivisten Martin Reucher

Martin Reucher by Angela Bischof Ausschnitt

Martin Reucher by Angela Bischof Ausschnitt

Martin Reucher ist tot

Am Freitag dem 02. Dezember 2011 ist unser Freund und Begleiter seit Hartz IV, der Bochumer Rechtsanwalt Martin Reucher, nach schwerer Krankheit gestorben. Er war für uns seit 2005 ein professioneller Ratgeber, wenn es sich um die Ungerechtigkeiten von Hartz IV handelte – So schätzten ihn sowohl seine Kollegen als auch seine Mandanten. Gerade wenn Fälle schon fast aussichtslos schienen, war er angespornt, sich mit den Stärkeren anzulegen und zu obsiegen.

Martin hat als Anwalt vor dem Bundessozialgericht und dem Bundesverfassungsgericht für eine Erhöhung der Hartz IV-Sätze für Kinder gestritten und so die Bundesregierung gezwungen, eine Reform des SGB II durchzuführen, sah sich dann aber durch die Politik des Erfolgs wieder beraubt. Hierzu hat er sich vor gut einem Jahr noch in der Süddeutschen Zeitung geäußert.

Wir trauern um Martin Reucher. Sein Tod ist wahrlich ein Verlust für uns. Möge er nun seinen Frieden finden.

Vielen Dank Martin, Dich kennengelernt zu haben.

Erwerbslosen Forum Deutschland

Unverhoffter Kindersegen durch Jobcenter

Wolfenbütteler Jobcenter streicht alle Leistungen aufgrund falscher Annahmen

Wolfenbüttel – Das Jobcenter Wolfenbüttel strich einem Mann aus Baddeckenstedt mit sofortiger Wirkung die Leistungen, da angeblich zwei seiner leiblichen Kinder in seine Wohnung eingezogen sein sollen. Der Mann viel aus allen Wolken, ging er bisher doch davon aus keine Kinder zu haben.

Am 26. November wurde der Betroffene über die Einstellung seiner Zahlung der Hartz IV-Leistungen informiert. Wenige Tage bevor seine Miete und weitere laufende Kosten fällig werden. Die, sogar namentlich genannten, Kinder existieren jedoch gar nicht. Der Baddeckenstedter wörtlich: „Ich habe gar keine Kinder. Demnach können auch keine Kinder bei mir eingezogen sein.“ Laut eigener Aussage habe er dies dem Jobcenter in Form einer eidesstattlichen Erklärung inzwischen mitgeteilt. Ein Anwalt ist involviert, um die Fortdauer des Leistungsbezuges zu sichern. Bereits 2007 wurden ihm von der damaligen ARGE des Landkreises eine Vaterschaft unterstellt.

Ohne Ankündigung und Nachfrage strich das Jobcenter die kompletten Leistungen. Und das nur wegen einer offensichtlich gegenstandslosen Annahme. Ob der Vorwurf des unverhofften Familienglücks aufgrund von anonymen Anschuldigungen erhoben wurde, ist bisher nicht bekannt.