Härtefälle beim P-Konto – Das Gesetz zeigt Lücken

Das Problem: Geldeingang am Monatsletzten bei bereits ausgeschöpftem Freibetrag.

Jane K., ALG2-Bezieherin, monatlich 700€ Geldeingang, ledig, keine Kinder. Das Konto ist ein P-Konto, Freibetrag 985,15€. Die Augustleistung geht zum 30.7.2010 auf dem Konto ein. Kontostand nach der Zahlung: 700€. Zum 2.8. geht ein Pfändungsbeschluß über 500€ ein. Am 3.8. hebt Frau K. die kompletten 700€ ab, die ihr auch ausbezahlt werden, da unterhalb des Sockelbetrags liegend.

Zum 31.8 geht jetzt die Sozialleistung für den September über weitere 700€ ein. Frau K. geht zur Bank, will das Geld haben. Das Kreditinstitut weigert sich die vollen 700€ auszuzahlen und will lediglich 285,15€ geben. Die restlichen 414,85 will die Bank an den Gläubiger ausbezahlen, mit der Begründung, der Freibetrag für den Monat August sei ausgeschöpft.

Die Folge: Frau K. kann ihre Miete für September nicht bezahlen und ihr bleiben lediglich knapp über 200€ zum Leben.

Das kann doch nicht Rechtens sein, denkt sich Frau K. — Das P-Konto soll mir mein Existenzminimum sichern helfen und jetzt droht mir der Ruin und von dem sowieso schon viel zu wenigen soll mir noch ein ordentlicher Batzen weggenommen werden? Nie im Leben kann der Gesetgeber dies gewollt haben, oder doch?

In der Tat hat der Gesetgeber diesen Spezialfall nicht geregelt.

Im Paragraphen zum P-Konto (§850k ZPO) findet sich keine Lösung. Dies muss als äusserst unbefriedigend angesehen werden und hier sollte auf Seiten der Gesetzgebung schleunigst nachgebessert werden.

Was im Moment möglich ist – und soweit ich es bis jetzt überblicken kann – auch funktioniert, ist beim zuständigen Vollstreckungsgericht einen Antrag wegen sittenwidriger Härte nach §765a ZPO zu stellen.

User Sylliska schreibt hierzu im Rechtspflegerforum:

Antrag nach § 765a ZPO beim Vollstreckungsgericht (bzw. bei der Vollstreckungsstelle des öffentlichen Gläubigers) auf (einmalige) Aufhebung der Zwangsvollstreckungsmaßnahme wegen sittenwidriger Härte, da Ihnen die wirtschaftliche Existenzgrundlage für den folgenden Monat entzogen würde. Kann die Aufhebungsentscheidung nicht sofort ergehen, sollte beantragt werden, die Vollstreckung einstweilen einzustellen.

P-Konto

Sollte bereits an den Gläubiger ausbezahlt worden sein, bleibt wohl nur noch der Gang zur Sozialbehörde. Inwieweit in diesem Fall die Kreditinstitute regresspflichtig sind, ist schwer zu beurteilen. Es wäre durchaus interessant zu wissen, ob bereits die Geldinstitute nicht evtl verpflichtet sind ihre Entscheidungen auf sittenwidrige Härte zu überprüfen.

Jetzt bleibt natürlich die spannende Frage, ob man diese Problematik irgendwie bereits im Vorfeld vermeiden könnte.

Möglichkeiten das Geldeingangsproblem zum Monatsende zu lösen:

Die einfachste Möglichkeit wäre das Konto immer gleich zum Monatsende komplett leerzuräumen. Dies dürfte jedoch unbefriedigend und auch nicht immer praktikabel sein.

Eine weitere Möglichkeit ist die Zahlungseingänge zu reduzieren. Wer Leistungen nach ALG2 bezieht, könnte sich zum Beispiel die Miete direkt auf das Konto vom Vermieter überweisen lassen.

Die dritte Möglichkeit wäre sich die Leistung bar auszahlen zu lassen. Dies würde ich auch unbedingt dann empfehlen, wenn bei einer Überweisung das Einbehalten drohen würde.

Das funktioniert bei Sozialleistungen sicherlich alles relativ unproblematisch. Handelt es sich jedoch um Gehaltszahlungen , wird sich wohl kaum ein Arbeitgeber finden, der zu einer Barauszahlung bereit ist. Zumal auch nicht immer erwünscht ist, dass der Arbeitgeber über die Schuldenproblematik Bescheid weiss.

Hier muß unbedingt eine Lösung her. Weder können diese Notlösungen das NonPlusUltra sein, noch der Antrag nach §765a. Es müssen hier klare, verbindliche Regelungen geschaffen werden.

http://p-konto-blog.de/2010/08/hartefalle-beim-p-konto-das-gesetz-zeigt-lucken/

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Hartz IV –Bildungskarte und die Bertelsmann-Tochter Arvato

Neue Westfälische (Bielefeld): Bildungskarte Viele Tücken von BERNHARD HÄNEL

Bielefeld (ots) – Hartz-IV-Familien sollen, so der Plan von Bundessozialministerin Ursula von der Leyen (CDU), künftig von den Arbeitsagenturen eine „Bildungskarte“ erhalten, die vom Bund mit bis zu 200 Euro aufgeladen wird. Die Idee findet immer mehr Befürworter.

Doch die Goldkarte für Hartz-IV-Kinder hat sehr viele Tücken, die in der gegenwärtigen Debatte kaum berücksichtigt werden. Es geht um rund 1,8 Millionen Kinder und einen Transferbetrag von bis zu 360 Millionen. Hinzu kommen Verwaltungskosten in nicht absehbarer Höhe. Eine staatliche Infrastruktur dafür fehlt. Erfahrungen haben lediglich private Anbieter; etwa die Bertelsmann-Tochter Arvato. Nicht ausgeschlossen, dass die Gütersloher sich für das neue Geschäftsfeld interessieren. 250 Euro, so Experten, kostet ein Kartenlesegerät.

Welcher Schüler oder Student, der mit Nachhilfeunterricht sein Taschengeld aufbessert, kann sich das leisten? Die Folge wäre, das Kinder aus Hartz IV-Haushalten künftig ausschließlich in wesentlich teurere und unpersönlichere Nachhilfeinstitute gelenkt würden. Kann das gewollt sein?

Vielerorts dürfte das Spektrum der in Aussicht gestellten Leistungen, die mit der Karte abgegolten werden können, gering sein. Eine Gratiseintrittskarte für das kommunale Schwimmbad aber bedürfte des Aufwandes nicht. Das lässt sich unbürokratischer regeln. Ob der Euphorie über von der Leyens vermeintlich pfiffige Kartenidee ist vollkommen aus dem Blickfeld geraten, welches Menschenbild damit verbunden ist. Es ist das garstig Lied von faulen, tumben und verantwortungslosen Eltern, die ihr Geld versaufen statt in die Bildung ihrer Kinder zu investieren. Dies verletzt so wie die Bildungskarte ihre Besitzer diskriminiert.

Quelle:
http://www.presseportal.de/pm/65487/1665564/neue_westfaelische_bielefeld vom 16.08.2010

Pressekontakt:

Neue Westfälische
News Desk
Telefon: 0521 555 271
nachrichten@neue-westfaelische.de

Hartz IV: Fünf Jahre Wohnungskampf – und kein Ende

Hartz IV kann weh tun – sehr wenn es um die Wohnung geht. Meist handelt es sich nicht um „Luxuswohnungen“, sind die Kinder ausgezogen, ist das Problem schon da.

Und ständig wird eine „neue Sau durchs Dorf getrieben“ und lässt die Bedrohten erschauern. Auch die ARGE Bochum lässt die Betroffenen mit Informationen im Unklaren. Darum wird hier eine Übersicht über die aktuelle Lage zur Verfügung gestellt:

http://www.sozialforum-bochum.de/Mietgrenzen.pdf

oder: http://www.bo-alternativ.de/Mietgrenzen.pdf

Derzeit läuft auf der Grundlage der jeweiligen Informationsfreiheitsgesetze eine bundesweite Studie zur Erfassung der Wohnkostenregelungen für Hartz IV-Abhängige. Die ARGE Bochum ist die einzige Behörde, die für diese  (gesetzlich vorgeschriebene) Auskunft eine Gebühr erheben will. Noch dazu für eine unvollständige Berichterstattung.

Fünf Jahre Wohnungskampf – Historie

Mit Einsetzen von Hartz IV im Januar 2005 wurden die drohenden Zwangsumzüge schnell zum Thema Nr. 1, ein sehr großer Teil der Widersprüche und Klagen ist damit befasst. Einige hundert Betroffene in Bochum mussten in diesen saueren Apfel beißen.

Kaum war Ruhe eingekehrt, ging es an die Heizkosten: die Hartz IV-Behörden waren der Meinung, die Betroffenen dürften nicht so heizen, wie es notwendig ist, sondern müssten sich mit einem begrenzten „Deputat“ zufrieden geben. Selbst als etliche höhere Gerichte schon längst anders entscheiden hatten, stellte sich die ARGE Bochum stur und behauptete, ihre Heizkostendeckelung sei „gerichtsfest“:

http://www.arge-bochum.de/SinglView.792+M5f1a3b0cddb.0.html

Erst durch eine Intervention einzelner Parteien im Rat war sie davon abzubringen.

Vom Sozialgericht Dortmund musste die ARGE belehrt werden, das bei einem notwendigen Umzug die ganze Miete gezahlt werden muss, auch wenn sie höher ist als zuvor, aber unterhalb der Angemessenheitsgrenze bleibt.

http://www.bo-alternativ.de/2008/11/01/sozialgericht-watscht-arge-bochum-ab/

Das Bundessozialgericht schliesslich verurteilte sie, für eine (Teil-) Möblierung nichts abzuziehen, solange die Kosten insgesamt die Angemessenheitsgrenze nicht überschreiten:

http://www.bo-alternativ.de/2009/09/09/moeblierung-gehoert-zu-unterkunftskosten/

http://www.bo-alternativ.de/2009/05/08/kosten-einer-moeblierung-gehoeren-zu-den-unterkunftskosten/

Immer noch schwelt ein Konflikt, weil die ARGE eine datenschutzrechtlich unzulässige Vermietererklärung einfordert.

http://www.bo-alternativ.de/2009/07/28/schweres-geschuetz-gegen-die-arge/

Aktuell geht es um die rechtskonforme Anerkennung von angemessenem Wohnraum und Übernahme der Nebenkosten:

http://www.bo-alternativ.de/2010/06/16/rechtsprechung-wird-ignoriert/

Die Wohnkosten-Richtlinie der Stadt Bochum stammt noch aus dem Jahr 2007 und entspricht in einigen Bereichen nicht mehr der Rechtslage. Die Heizkosten-Richtlinie wartet bereits seit mehr als zwei Jahren auf die Korrektur rechtswidriger Inhalte.

Aus Berlin schließlich kommt die „größte Sau auf‘ s Parket“:

Ratsuchende sind verunsichert, fühlen sich seitens der ARGE-Mitarbeitenden erpresst  und verzichten in ihrer Not auf zustehende Rechte. Hinzu kommt die derzeitig kursierende fixe Idee aus Berlin, für Erwerbslose würde auch etwa die Hälfte der angegebenen Größen ausreichend sein. Das erinnerst uns an Aussprüche von ARGE-Mitarbeitenden, wir sollte doch mal schauen, wie die Menschen in Japan wohnen, und hier hätten vor einhundert Jahren auch mehrere Generationen in einer (kleinen) Wohnung gelebt. Da verschlägt es einem glatt die Sprache!

bis hier identisch mit Anlage: „PM 10-08-15 Hartz IV: Fünf Jahre Wohnungskampf“

Fünf Jahre Wohnungskampf – Historie

Wie alles anfing …

Protest gegen die Agenda 2010: Bundesparteitag SPD, Bochum Nov. 2003

http://www.neuewut.de/neuewut/f_derfilm.html (scrollen zu den Clips)

http://www.galerie-arbeiterfotografie.de/galerie/reportage-2003/index-2003-11-16-bochum-spd-parteitag.html

http://www.bo-alternativ.de/Archiv.htm (16.11.2003)

Demo 18, Mai 2006 gegen Zwangsumzüge

Bildergalerie

http://www.bo-alternativ.de/aktuelles-bilder/18-05-06/index.htm

Aktuelle Informationen:

Anerkennung von angemessenem Wohnraum und Übernahme der Nebenkosten

http://www.bo-alternativ.de/2010/06/16/rechtsprechung-wird-ignoriert/

Möblierung ggf. inklusive:

http://www.bo-alternativ.de/2009/09/09/moeblierung-gehoert-zu-unterkunftskosten/

http://www.bo-alternativ.de/2009/05/08/kosten-einer-moeblierung-gehoeren-zu-den-unterkunftskosten/

Vermieterbescheinigung:

http://www.bo-alternativ.de/2009/07/28/schweres-geschuetz-gegen-die-arge/

Die ARGE Bochum muss bei einem notwendigen Umzug die ganze Miete zahlen, auch wenn sie höher ist als zuvor, aber unterhalb der Angemessenheitsgrenze bleibt.

http://www.bo-alternativ.de/2008/11/01/sozialgericht-watscht-arge-bochum-ab/

Heizkosten:

http://www.bo-alternativ.de/2009/07/13/endlich-gekuerzte-heizkosten-nachzahlen/

Entscheidung, die Heizkostenrichtlinie überarbeiten zu lassen:

http://www.bo-alternativ.de/2008/02/25/den-bock-zum-gaertner-machen/

volle Heizkosten von Hartz-IV-EmpfängerInnen:

http://www.bo-alternativ.de/2008/01/24/unabhaengige-sozialberatung-staendiger-systematischer-rechtsbruch-durch-arge-rat-sozialausschuss/

http://www.bo-alternativ.de/2007/09/02/15tausend-hartz-iv-haushalte-von-heizungskuerzung-bedroht/

http://www.bo-alternativ.de/2007/08/31/nutzerunabhaengige-waermetechnische-faktoren/

http://www.bo-alternativ.de/2007/08/15/heizkosten-arge-bochum-weiterhin-auf-konfrontationskurs/

http://www.bo-alternativ.de/2006/11/07/pauschalierung-der-heizkosten-fuer-alg-ii-empfaenger-in-mietwohnungen-mit-zentralheizung/

http://www.bo-alternativ.de/2006/11/21/heizkosten-streit-mieterverein-raet-zum-widerspruch/

http://www.bo-alternativ.de/2006/11/08/arge-widerspricht-sich-selbst/

http://www.bo-alternativ.de/2006/11/06/kennt-arge-rechtsprechung-wirklich-nicht/

http://www.bo-alternativ.de/2006/11/02/arge-taeuscht-mieterinnen-ueber-heizkosten/

Hier stellte sich die ARGE Bochum stur und behauptete, ihr Heizkostendeckelung sei „gerichtsfest“; Erst durch eine Intervention einzelner Parteien im Rat war sie davon abzubringen:

http://www.arge-bochum.de/SinglView.792+M5f1a3b0cddb.0.html

Zwangsumzüge:

http://www.bo-alternativ.de/2007/05/04/bis-zu-400-bedarfsgemeinschaften-mussten-ihre-wohnung-raeumen/

http://www.bo-alternativ.de/2006/11/18/zwangsumzuegewidersprueche-laufen-en-masse/

http://www.bo-alternativ.de/2006/11/18/auf-der-tagesordnung-zwangsumzuege-und-heizkosten-uebernahme/

Bereits vor Weihnachten 2005 die ersten Umzugsaufforderungen?

http://www.bo-alternativ.de/sozialberatung-19-12-05.htm

Ganz altes Archiv:

http://www.bo-alternativ.de/Archiv.htm

18.05.06, 23.00 Uhr Fazit der heutigen Proteste gegen Zwangsumzüge:

Wenn der öffentliche Druck wächst, können Zwangsumzüge verhindert werden

Der sich in Bochum formierende Widerstand gegen die geplanten Zwangsumzüge von Hartz IV-Opfern ist von der rot-grünen Koalition im Bochumer Rathaus offensichtlich wahrgenommen worden. Sechs Stunden vor der Sitzung des Sozialausschusses legte die Koalition einen Antrag vor und erklärte später in einer Pressemitteilung, „dass die Richtlinien zu Kosten der Unterkunft dringend überarbeitet werden müssen.“ Bis dahin hatte es keinerlei Aktivität der Koalition gegeben, sich überhaupt mit dem Thema im Sozialausschuss zu beschäftigen.

Im letzten Herbst hatte Rot-grün versprochen, „dass die Aufforderung zum Umzug auf unabdingbar notwendige Fälle begrenzt wird.“ Die Grünen tönten gar: „Im Rahmen der vom Bundesrecht gesetzten Grenzen haben wir den kommunalen Spielraum im Sinne der Betroffenen optimal genutzt, um soziale Härten zu vermeiden.“ Das Ergebnis dieser „optimalen“ Regelung: Mehr als 3.000 Menschen (1.400 Bedarfsgemeinschaften) wurden von der ARGE mit Zwangsumzügen bedroht. Als die PDS Fraktion nun gestern forderte, die zulässige Wohnungsgröße für Hartz IV-EmpfängerInnen auch nur um fünf Quadratmeter zu erhöhen, lehnten die Grünen dies ab. Begründung: zu teuer. Die Versprechungen aus dem Herbst waren vergessen. Statt dessen machte die Koalition in ihrem Antrag einige Vorschläge, die keine zusätzlichen Kosten verursachen. Wenn z. B. eingeräumt wird, dass bei einem Umzug eine Monatsmiete doppelt zu zahlen ist, dann wird damit nur festgeschrieben, was der gängigen Rechtsprechung entspricht. Eins wurde aber heute deutlich: SPD und Grüne wissen ganz genau, was sie mit ihrer Hartz IV-Gesetzgebung angerichtet haben. Wenn der öffentliche Druck nicht nachlässt, werden sie weitere Zugeständnisse an die Opfer ihrer Politik machen.

18.05.06, 20.00 Uhr – „Die Hoffnung hat zwei schöne Töchter: Wut und Mut

Wut darüber, wie die Verhältnisse sind, und Mut, sie zu bekämpfen!“

Heute Mittag protestierten 180 DemonstrantInnen in der Innenstadt gegen die geplanten Zwangsumzüge von Hartz IV-Opfern. Sie zogen mit Umzugskartons zum Rathaus und bauten dort aus den Kartons eine Mauer auf (Foto). Ellen Diederich, selber Hartz IV-Betroffene und von Zwangsumzug bedroht, sagte zum Auftakt der Aktion: „Unser großes Problem ist das der Vereinzelung. Wir sind so leise geworden, mucken nicht auf gegen die vielfältigen Formen der Repression. Immer noch ist da Scham auf unserer Seite. Wir fragen: Wann kommt der Aufschrei, der zu hören ist, wann weicht die Resignation wieder der produktiven Wut? Von einer ‚lautlosen Massendisziplinierung‘ spricht der Berliner Politik-Professor Peter Grottian, einer unserer engsten Verbündeten, er konnte heute nicht hier sein, schickt uns aber seine besten Grüße. ’80 bis 90 Prozent der Betroffenen regeln das allein, leihen sich Geld, verschulden sich. Es herrscht totale Vereinzelung und Verängstigung. Wer Angst hat, seine Wohnung zu verlieren, organisiert keine Demos‘, meint Peter Grottian. Wir zeigen heute, dass das nicht stimmen muss, dass wir sehr wohl gegen diese Bedrohung auf die Straße gehen können und das Unrecht als solches auch benennen.  Darum freue ich mich über die heutige Aktion hier in Bochum und bin den OrganisatorInnen dankbar.“ Sie schloss ihre Rede mit der Ermutigung: „Die Hoffnung hat zwei schöne Töchter: Wut und Mut – Wut darüber, wie die Verhältnisse sind, und Mut, sie zu bekämpfen!

Die Reden von Ellen Diederich, von Ulrich Schneider, von Norbert Hermann, von Ingrid Remmers und von Aichard Hoffmann liegen elektronisch vor.

Nach der Kundgebung besuchten viele TeilnehmerInnen der Demo die Sitzung des Sozialausschusses der Stadt. Hier wurde entschieden, nach welchen Kriterien Hartz-IV-Opfer zukünftig aus ihrer Wohnung vertrieben werden können. Bericht folgt.

Bilder des Tages: http://www.bo-alternativ.de/aktuelles-bilder/18-05-06/index.htm

18.05.06, 08.00 Uhr IG Metall Magazin berichtet über Zwangsumzüge und die ARGE in Bochum:

Sozialpolitische Stiefeltreterpolitik

In der aktuellen Mai-Ausgabe der „metall“, dem bundesweiten Magazin der IG-Metall, wird unter dem Titel »Sozialpolitische Stiefeltreterpolitik« über Zwangsumzüge berichtet. Über Bochum heißt es dort: „Aber es kam noch schlimmer. Denn während der Veranstaltung wurde bekannt, dass die Bochumer »Arge« rund 200 Arbeitslose zum Amtsarzt bestellen will: Jene Arbeitslosengeld II-Bezieher, die ihre Umzugskisten nicht selbst schleppen können und Atteste eingereicht hatten. Die »Arge« (Sozialberatung: »Brutstätte vorsätzlicher Unfähigkeit«) befürchtet wohl zusätzliche Kosten – und bittet zur Musterung. Sollen Menschen, die verzweifelt Erwerbsarbeit suchen, auch noch mit entwürdigenden Absteigen gedemütigt werden? Fast scheint es, als sei das Gängeln Erwerbsloser Programm. Allein in Bochum gingen bei 1422 Erwerblosen Ultimaten ein – obwohl günstige Mietwohnungen noch rarer sind als Arbeitsplätze (siehe Kasten). »Bevor die Arge zum Umziehen drängt, müsste sie erst einmal nachweisen, dass in Bochum 800 preiswerte Wohnungen zu haben sind«, ärgert sich Michael Hermundt, Chef der DGB-Region Ruhr-Mark.

Der Artikel und ein Interview mit Ulrich Schneider, dem Sprecher des AK Erwerbslose in der IG Metall Bochum: http://www.bo-alternativ.de/metall-mai-06.pdf

17.05.06, 13.00 Uhr Sozialausschuss tagt morgen im großen Sitzungssaal

Wegen des „großen öffentlichen Interesses“ am Thema Zwangsumzüge:

Es werden noch Kartons für die morgige Demo gegen Zwangsumzüge benötigt

Die Sitzung des Sozialausschusses des Rates der Stadt Bochum am morgigen Donnerstag ab 15.00 Uhr ist in den großen Sitzungssaal des Rathauses verlegt worden. Zuvor findet eine Demonstration gegen die angedrohten Zwangsumzüge statt und die TeilnehmerInnen sind aufgefordert, anschließend zur Sitzung des Sozialausschusses zu gehen.

Die Protestaktion beginnt um 12.30 Uhr auf dem Husemannplatz. Hier werden dann möglichst viele Umzugskartons zusammengesteckt – bzw. geklebt und mit dem Logo der Kampagne gegen Zwangsumzüge verziert. Für die Aktion sollen alle Teilnehmer Umzugskartons mitbringen. Um 13.30 Uhr findet eine Auftaktkundgebung statt. Um 14.00 Uhr begint dann der „Umzug“ durch die Innenstadt über die Huestraße, Luisenstraße, Südring und Bongard-Boulevard zum Rathaus. Auf dem Gustav- Heinemannplatz zwischen Rathaus und BVZ endet die Demonstration mit der Abschluss-Kundgebung. Der Aufruf zur Demo und die UnterstützerInnen:

http://www.bo-alternativ.de/aufrufzwangsumzuege/Aufruf04.html

16.05.06, 21.00 Uhr Demonstration gegen Zwangsumzüge

Donnerstag, 18. Mai, 12.30 Uhr, Husemannplatz

Ein in dieser Konstellation selten da gewesenes breites Bündnis ruft für Donnerstag, 18. Mai, 12.30 Uhr, Husemannplatz zu einer Demonstration gegen Zwangsumzüge auf. Der Aufruf für die Demonstration wird u.a. unterstützt vom Sozialforum, vom DGB, von ver.di, vom Mieterverein, von der GEW, von attac, der Unabhängigen Sozialberatung, vom AStA der Ruhr-Uni, vom Sozialverband Deutschland (SoVD), Sozialverband VdK, vom Evangelischen Sozialpfarramt und vom Forum für Figurentheater und Puppenspielkunst. Die Demonstrantinnen und Demonstranten werden mit Umzugskartons durch die Stadt ziehen, um gegen die geplanten Zwangsumzüge zu protestieren. Vor dem Rathaus wird dann aus diesen Umzugskartons eine Mauer aufgebaut, die den anschließend tagenden Sozialausschuss der Stadt zum Stopp der geplanten Zwangsumzüge auffordert. Ein wichtiges Anliegen der Demonstration ist es, darauf hinzuweisen, dass die Kriterien dafür, wann Menschen von Zwangsumzügen bedroht werden, lokal entschieden werden. Der Rat der Stadt, bzw sein Sozialausschuss entscheidet darüber, ab wann Hartz-IV-EmpfängerInnen aufgefordert werden, die Kosten für ihre Unterkunft zu senken. Der Aufruf zur Demonstration:

http://www.bo-alternativ.de/aufrufzwangsumzuege/Aufruf04.html

06.05.06, 23.00 Uhr Aufruf 18. Mai: Aufstehen gegen Zwangsumzüge

Bochumer Bündnis gegen Zwangsumzüge: Aufruf unterstützen!

Das Bochumer Bündnis gegen Zwangsumzüge ruft zu einer Demonstration gegen die angedrohten Zwangsumzüge von Hartz IV-BezieherInnen am Donnerstag, den 18. Mai, auf. Im Aufruf heißt es: „Jetzt hat die Vertreibung armer Menschen aus ihren Wohnungen begonnen: Alleine in Bochum sind 1.400 Haushalte aufgefordert, ihre Wohnkosten zu senken. Tausende Menschen sollen aus ihren Wohnungen in „angemessene Unterkünfte“ verschoben werden: Ohne Blick für die Situation der Menschen, ohne Rücksicht, ob es überhaupt passende freie Wohnungen gibt, ohne Rücksicht auf gewachsene Strukturen in den Stadtteilen.“ Das Bündnis fordert vom Sozialausschuss, der ebenfalls am 18. Mai um 15.00 Uhr öffentlich tagt: „Kein Umzug darf erzwungen werden. Alle Erörterungen sind mit dem Ziel zu führen, ein Verbleiben in der Wohnung zu ermöglichen. Es ist immer eine einvernehmliche Lösung anzustreben. Wohnen muss als allgemeines Menschenrecht anerkannt werden.“

Das Bündnis will mit großen Pappkartons durch die Bochumer Innenstadt ziehen. Für das „Umzug-Straßentheater“ werden noch zahlreiche Kartons gesucht, die im Sozialen Zentrum in der Rottstr. 31 abgegeben werden können. Am kommenden Dienstag, den 9.5., trifft sich erneut das Bündnis im Sozialen Zentrum um 17.00 Uhr, um die Demonstration vorzubereiten.

Der Aufruf als PDF: http://www.bo-alternativ.de/aufrufzwangsumzuege/Aufruf05.pdf

Aufruf unterstützen und unterzeichnen: Email an info@utopieprojekt.de

05.05.06, 22.00 Uhr

Mieterverein macht Vorschläge, um Zwangsumzüge abzuwenden

http://www.mieterbund-bochum.de/index.php?id=667&type=1&tx_ttnews[tt_news]=349&tx_ttnews[backPid]=663&cHash=c810fff916

02.05.06, 19.00 Uhr Bündnis gegen Zwangsumzüge

Mit einer Demonstration wollen verschieden Bochumer Organisationen am 18. Mai gegen die angedrohten Zwangsumzüge von Hartz IV-BezieherInnen demonstrieren. Am 18. Mai tagt nämlich der Sozialausschuss und berät über die Kriterien, nach denen Hartz IV – BezieherInnen aus ihren Wohnungen vertrieben werden dürfen. Die grünen Sozialpolitikerinnen Anna Konincks und Astrid Platzmann hatten am 1. 10. 2005 in einer Pressemitteilung erklärt: „Im Rahmen der vom Bundesrecht gesetzten Grenzen haben wir den kommunalen Spielraum im Sinne der Betroffenen optimal genutzt, um soziale Härten zu vermeiden.“ Hieran will das Bündnis u.a. erinnern: „Optimal“ bedeutet schließlich, dass es besser nicht geht. In den letzten Wochen ist von der ARGE an 1.400 Haushalte eine Mitteilung gegangen, dass die jeweilige Miete zu hoch sei. SPD und Grüne hatten im Herbst noch versprochen, „dass die Aufforderung zum Umzug auf unabdingbar notwendige Fälle begrenzt wird.“ Das Bündnis trifft sich am morgigen Mittwoch um 16.00 Uhr im Sozialen Zentrum, Rottstr. 31. Die Arbeitsloseninitiative Werkschlag und der AK Erwerbslose in der IG Metall Bochum haben auf der gestrigen 1. Mai-Kundgebung mit einem Flugblatt bereits für die Demonstration geworben:

http://www.bo-alternativ.de/zwangsumzug-flyer-werkschlag.pdf.pdf

01.03..06, 18.00 Uhr Hartz IV – Zwangsumzüge: Das wird teuer!

Wertvolle Tipps gegen Zwangsumzüge

Die Unabhängige Sozialberatung schreibt:“Es zeichnet sich immer mehr ab, dass die massenhafte Umzugsandrohung der ARGE für ALG II – Bezieher ein dicker Flopp zu werden droht: zwei Monate Wohnungssuche zeigen: der Wohnungsmarkt gibt die benötigte Riesenmenge bei weitem nicht her, nicht nur die grossen Wohnungsunternehmen winken genervt ab. Zudem wachsen die Umzugskosten ins Uferlose, wenn bei den Umzügen die gesetzlichen Vorschriften bzgl. der Versicherungen für Helfer und Umzugsgut sowie die gesetzlichen Vorschriften bei der Installation von Elektro-, Gas- und Wasseranlagen beachtet werden.

Persönliche Anfragen bei Wohnungsunternehmen bestätigen: da ist kaum Luft drin. Noch enger wird es, weil die ARGE bei Umzugserlaubnis streng auf die Einhaltung der ‚angemessenen‘ Wohnungsgrösse achten will, auch wenn die Miete ansonsten angemessen wäre. Auch eine Durchsicht der Wohnungsanzeigen zeigt: mehr als ein Dutzend in Preis und Größe passende Wohnungen pro Woche gibt es nicht, manche tauchen wiederholt auf. Bedenken muss man auch: jeder Umzug zieht ein neues freies Wohnungsangebot nach sich, ohne dass es dadurch mehr verfügbare Wohnungen gäbe. Die meisten Wohnungen werden eh ‚unter der Hand‘ weitergeben und stehen den Betroffenen nicht zur Verfügung, sagen die Wohnungsanbieter.“

Die Unabhängige Sozialberatung hat einige praktische Tipps zusammengetellt, was Menschen beachten sollten, wenn ihnen ein Zwangsumzug droht. Der Text der Tipps. Die Tipps als Druckvorlage zum Weitergeben.

14.12.05.17.00 Uhr  Weihnachtsüberraschungen von der ARGE

Die Soziale Liste schreibt: „An eine größere Anzahl Bochumer Empfänger des Arbeitslosengeldes II (Hartz IV) werden von der Arge zur Zeit Aufforderungen zur „persönliche Vorsprache an einem der nächsten Sprechtage“ verschickt, das wurde kürzlich der Sozialen Liste Bochum bekannt. Der Kreis der Angeschriebenen umfasst offensichtlich diejenigen, deren Mieten über dem „angemessenen Maße“ liegen. Das im typischen Obrigkeits-Beamtenstil gehaltene Anschreiben sieht für dieses Vorsprechen 14 Tage vor, andernfalls soll nach Ablauf der Frist „nach den hier bekannten Fakten entschieden“ werden. Nuray Boyraz, Ratsmitglied der Sozialen Liste, befürchtet, dass vielen Hartz IV Empfängern mit diesem Schreiben die bevorstehenden Feiertage vermiest werden.“ „Es darf in Bochum keine Zwangsumzüge geben“, so Boyraz.

Klassenkampf auf Gutscheinbasis

Ursula von der Leyens Gutscheinsystem nimmt konkrete Formen an: klassenkämpferische.

Frau von der Leyen plant, ein Gutschein- respektive Chipkartensystem für alle Kinder zu installieren, nachdem wohl der Protest vieler sozialrechtlich gebildeten Menschen und Organisationen sie davon überzeugen konnte, dass ein Gutscheinsystem allein nur für „Hartz-IV-Kinder“ stigmatisierende Auswirkungen haben wird. Jedoch: Arme müssen die Gutscheine in Anspruch nehmen, wenn sie die Leistung begehren, Reiche können und werden auch bar bezahlen, weil sie es sich leisten können, da sie nicht auf diese „Almosen“ angewiesen sind. Bei ihnen kann die geplante Chipkarte in der runden Ablage landen, ohne dass das konkrete Auswirkungen hätte, da sie selbst die Karte aufladen müssten und wahrscheinlich diesen unnützen Aufwand nicht betreiben werden.

Doch schauen wir uns die geplanten Leistungen an: Da ist die Rede z. B. von Nachhilfe. Das Bundesverfassungsgericht hat eindeutig festgestellt, dass der im Regelsatz enthaltende Anteil für die Bildung der Kinder nicht ausreicht. Es sprach eindeutig von Bildung, ohne eine Bewertung des angestrebten Bildungsgrades zu benennen. Und das ist auch gut so, denn jedes Kind hat eine andere Leistungs- und Bildungsfähigkeit. Kinder werden nicht auf einmal dümmer, wenn ihre Eltern erwerbslos werden. Frau von der Leyen will Kinder aber dümmer halten, wenn ihre Eltern erwerbslos werden oder sind. Anders können ihre Aussagen, die man auf Spiegel Online finden kann, nicht aufgefasst werden:

„Der Forderung, das Bildungspaket als Geldleistung auszuzahlen, erteilte von der Leyen ein klare Absage. Würde dies geschehen, hätte zwar jeder ein paar Euro zur Verfügung. „Um die Nachhilfe zu bezahlen, reicht das Geld aber immer noch nicht“, sagte die Arbeitsministerin. Da nicht alle Kinder Nachhilfe bräuchten, solle die Leistung nur jenen zugutekommen, die sie benötigten.“

Bildung besteht jedoch nicht nur in Nachhilfe. Bildung ist auch, wenn einem Kind z. B. ermöglicht wird, Ressourcen nutzen zu können, damit es am Wettbewerb „Jugend forscht“ teilnehmen kann. Mit einem Nachhilfegutschein hat das herzlich wenig zu tun. Doch daran ist die Ministerin nicht interessiert – intelligente junge Menschen aus den Reihen der Armen interessieren sie nicht.

Es offenbart sich, dass das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes zu den SGB-II-Regelsätzen vom Februar 2010 erneut keine sachlich fundierte, sondern eine politisch motivierte Änderung hervorbringen wird, also in einer Weise Tatsachen geschaffen werden, wie das bereits die rot-grüne Bundesregierung zur Einführung von Hartz IV durch hemdsärmlige Schätzungen der Bedarfe der Leistungsberechtigten tat. Dass Frau von der Leyen dabei sogar offen zugibt, dass der Bildungsbedarf der Leistungsempfänger bei Auszahlung des Bildungsanteils in Geldleistungen nicht gedeckt würde (willentlich, nicht sachlich begründet!), ist an Absurdität kaum noch zu überbieten. (Mario Nette)

Wie zu Feudalzeiten

Erfolgreich: Erster Zahltag bei der ARGE Bonn
Von Hans-Detlev v. Kirchbach und Hans-Dieter Hey

Bonn – Seine Gnaden fühlten sich gestört. Umringt von seiner "Kötter-Security"- Leibgarde stand er da wie ein mißgelaunter Feudalfürst, in dessen bislang unumschränktem Herrschaftsbereich sich aufsässiges Volk zusammenrottete. In der Tat – das hatte es zuvor noch nicht gegeben, jedenfalls nicht dort, wo Herr Liminski regiert – der oberste Befehlshaber der Bonner ARGE.
'Hochsicherheitstrakt' ARGE

(Foto: 'Hochsicherheitstrakt' ARGE) Weiterlesen