Hartz-IV: Tabubrüche der Union werden auf keinen Fall hingenommen

Gemeinsame Presseerklärungen des „Erwerbslosen Forum Deutschland“ und des „Aktionsbündnis Sozialproteste“ Martin Behrsing und Prof. Peter Grottian
Achtung 2 Presseerklärungen!!! 21.04.2006

Wohlfahrtsverbände und Presseorgane sollen endlich aus ihrem „Dornröschenschlaf“ erwachen

Hartz-IV: Tabubrüche der Union werden auf keinen Fall hingenommen

Wohlfahrtsverbände und Presseorgane sollen endlich aus ihrem „Dornröschenschlaf“ erwachen
Berlin/Bonn. Die von führenden Haushaltspolitikern der Union ins Gespräch gebrachte Absenkung des Arbeitslosengeld-II ließ gestern beim Erwerbslosen Forum Deutschland und zahlreichen anderen Initiativen die Alarmsirenen aufheulen. Damit scheinen sich die schon Mitte März bekannt gewordenen Informationen zu verdichten, wonach es Absichten gibt, den Regelsatz um bis zu 40% abzusenken. Wohlfahrtsverbände und führende Presseorgane wurden aufgefordert, ihre zaghafte Kritik an der Sozialpolitik aufzugeben und endlich deutlicher Position für die schon jetzt an den Rand gedrängten Menschen zu beziehen. Die Absichten der Union zeigen, dass sie jeden Bezug zu den ca. 8 Mio. Betroffenen verloren hat. Eine Absenkung des ALG-II wird auf keinen Fall hingenommen und die Regierung müsste sich für diesen Fall auf empfindliche Störungen und breiten Widerstand einstellen. Den zahlreichen Betroffenen steht schon jetzt das „Wasser bis zum Hals“.

Dazu Martin Behrsing, Sprecher des Erwerbslosen Forum Deutschland: „Die Union und insbesondere deren haushaltspolitischer Sprecher, Steffen Kampeter, zeigen nunmehr deutlich ihre wahre Fratze und die gleichzeitige Abhängigkeit vom Wirtschaftslobbyismus. Es geht darum, Menschen in völlige Abhängigkeit zu drängen, um den Forderungen von Arbeitgeberverbänden nach Lohnkürzungen und Abbau von Rechten Nachdruck zu verleihen. Dabei scheint die Union überhaupt keine Ahnung der Alltagsrealität zu haben, sonst wären solche absurden Forderungen nicht vorstellbar. Wer den Menschen bei einem tägl. Satz von 4,23 EUR für Essen und durchschnittlich 0,63 EUR Fahrtkosten für die Benutzung des öffentlichen Verkehrs die Sätze noch mehr kürzen möchte, muss sich Unmenschlichkeit unterstellen lassen.“  An die Wohlfahrtverbände und Kirchen wird appelliert, deutlicher ihre Solidarität mit den Betroffenen zu zeigen. „Appelle an christliche Nächstenliebe in den Predigten zu Weihnachten und Ostern sind zu wenig und werden allenfalls als ritualisierte Standardfloskeln wahrgenommen. Hier ist lautstarkes Einmischen gefordert und ein Schulterschluss mit den sozialen Bewegungen und den Gewerkschaften“, so Martin Behrsing. Deutliche Kritik wurde der „Mainstreampresse“ entgegengebracht. Beim öffentlichen Meinungsbildungsprozess würden die Betroffenen regelrecht ausgeschlossen und oft einseitig diffamiert. Es entstehe der Eindruck, dass z.B. die geplante bundesweite Demonstration am 03.06.2006 durch die Medien durch Nichtbeachtung ignoriert werden soll. „Ein großer Teil der Presse kommt schon länger nicht mehr ihren eigentlichen Aufgaben einer objektiven Berichterstattung und der Teilhabe aller gesellschaftlichen Gruppen am Meinungsbildungsprozess nach. Es fällt auf, dass z.B. Prof. Sinn vom Münchener Ifo-Institut jederzeit ein breites Podium für seine abenteuerlichen Sozial- und Wirtschaftspolitikkonstruktionen geboten wird. Hingegen wird den Arbeitslosen allenfalls ein Randplatz zugewiesen, oder sie werden vorgeführt. Wir sind überzeugt, wenn die öffentlichen ihren gesellschaftlichen Aufgaben nachkommen würden, wären Tabubrüche wie das Optimierungsgesetz zu Hartz-IV oder die Forderungen nach Absenkung des ALG-II nicht tragbar“, so Martin Behrsing in Bonn. Als Beispiel nannte die Initiative die fehlende Beachtung der Zwangsumzugswelle von Hartz-IV Betroffenen in Deutschland. Davon seien immerhin 300.000 bis 500.000 Menschen betroffen. Neben der vom Politikwissenschaftler  Prof. Grottian in Berlin ins Leben  gerufenen Initiative gegen Zwangsumzüge hatte das Erwerbslosen Forum Deutschland ein bundesweites Notruftelefon eingerichtet, welches inzwischen stark frequentiert wird.

Presseerklärung des Aktionsbündnis Sozialproteste

CDU Stiefeltreterpolitik für die Armen: Alg II soll gesenkt werden und wird den Sturm der Betroffenen am 03. Juni auf einer Großdemonstration in Berlin ernten. 

Das Aktionsbündnis Sozialproteste – ein Zusammenschluss von über 100 Sozialbündnissen in den Städten – erhebt schwere Vorwürfe gegen den haushaltspolitischen Sprecher der CDU, Steffen Kampeter, der den politischen Druck auf die SPD zur Senkung des Arbeitslosengeldes II in mehreren Interviews erhöht hat. Kampeter habe nicht alle Tassen im Schrank, die schon jetzt entwürdigenden Alg II-Regelsätze (345 Euro) noch weiter zu senken. Schon jetzt habe die Große Koalition ein zusätzliches Verarmungsprogramm von 12-15 % durch bewusste Nicht-Erhöhung der Regelsätze beschlossen, ohne dass dieses die Öffentlichkeit wahrgenommen hat. Kampeter gehöre mit seinem stieren Haushaltslogikblick auch zu jenen Politikern, die nicht die blasseste Ahnung davon haben, was es heißt, für 4,23 Euro die tägliche Nahrung und Getränke zu bestreiten. Mit gelebter Subsidiarität – immerhin die Leitlinie der CDU in der Sozialpolitik – habe das nichts zu tun, sondern entspreche brutaler Stiefeltreterpolitik der Erniedrigung. Die CDU sollte nicht die Wut und Glut unter der Asche der Sozialproteste unterschätzen, die sich am 03. Juni in einer Großdemonstration in Berlin erneut entladen könnte.