Fünf Jahre Hartz-Reformen: BA-Chef Weise leidet unter Realitätsverlust

Berlin/Bonn. Das Erwerbslosen Forum Deutschland hat dem Chef der Bundesagentur, Frank-Jürgen Weise „Realitätsverlust vorgeworfen. Dieser hatte am Morgen die Hartz-Gesetze als erfolgreich gelobt. Vor fünf Jahren am 16. August 2002 hatte die Kommission für „Moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt“, die unter der Leitung von Peter Hartz tagte, ihren Bericht im Berliner Dom der Öffentlichkeit vorgestellt. Erklärtes Ziel der Hartz-Kommission waren Vorschläge für eine Reform der Arbeitsmarktpolitik. Im politischen Prozess wurden die Ergebnisse als Vorschläge zum Abbau der Arbeitslosigkeit um bis zu zwei Millionen verkauft. Schon allein aufgrund des sehr viel beschränkteren Auftrags an die Kommission waren die Vorschläge überhaupt nicht geeignet, ein derartig ehrgeiziges Ziel anzugehen. Die gesamtwirtschaftliche Aspekte der Arbeitslosigkeit, z.B. wie die Nachfrage nach Arbeitskräften oder das Wirtschaftswachstum gesteigert werden kann, hatte die Kommission überhaupt nicht betrachtet.
Dazu Martin Behrsing, Sprecher des Erwerbslosen Forum Deutschland:

Frank-Jürgen Weise leidet offensichtlich an „Realitätsverlust“ oder betrachtet die Folgen der sogenannten Hartz-Reformen durch eine neoliberal gefärbte Brille – ganz im Sinne der Arbeitgeberverbände. Tatsache ist, es ist alles eingetreten wovor Sozialverbände, Gewerkschaften und Erwerbsloseninitiativen gewarnt haben. Zunahme der Langzeitarbeitslosen, exorbitantes Auseinanderklaffen der sozialen Schere, jährliche Zunahme der Kinderarmut, sprunghafter Anstieg der Privatinsolvenzen, Abbau von Arbeitnehmerrechten, Angst um den Arbeitsplatz, immer mehr Menschen können von ihrer Arbeit nicht leben und Zunahme von Arbeitgebern, die Hungerlöhne zahlen. Die aktuelle Debatte um eine Regelsatzerhöhung und die Ernährungsstudie zeigen nur zu deutlich, welche Armut in unserem Land bei den Betroffenen herrscht.

Auf der anderen Seite wird für Hartz IV-Empfänger nichts getan. Man sitzt das Problem aus, bis es der demographische Faktor gerichtet hat. Aber es ging ja auch nie wirklich um Erwerbslose. Es ging einzig darum, dass man die Löhne absenkt und soziale Rechte abbaut. Gleichzeitig wurde eine Repressionsmaschine und Diffamierungskampagne gegen Erwerbslose losgetreten. Bestes Beispiel war der ehemalige Bundesarbeits- und Wirtschaftminister Wolfgang Clement mit seinen Parasitenvorwürfen. Es muss einen nicht wundern, wenn Clement heute im Aufsichtsrat einer der größten Leiharbeiterfirmen sitzt, die Hungerlöhne zahlen.

Egal ob Minijobs, Job-Floater, Personal-Service-Agenturen, Ich-AG, private Arbeitsvermittlung, Fordern und Fördern oder Arbeitsgemeinschaften, sie haben sich alle als Flop erwiesen. Somit gehören die Hartz-Gesetze ausnahmslos abgeschafft und durch eine wirkliche soziale Reform ersetzt werden. Ebenso gehört auch an die Spitze der Bundesagentur eine Person, die im Gegensatz zu Weise, den sozialpolitischen Auftrag dieser Behörde betont.