«ErwerbslosenForum Deutschland» verlangt umgehend Erklärung von der BA für die skandalöse Besetzung von Klaus Müller-Starmann in der ArGe Köln
Augerechnet ein hochkarätiger Lobbyist der Beschäftigungs- und Qualifizierungsträger, Profiteur der Arbeitslosigkeit und Vertreter eines rigorosen Abbau von Arbeitnehmerrechten und Lohndumping wurde als neuer Chef der Kölner Arge – immerhin die zweitgrößte in Deutschland – gekürt
Köln – Die Kölner ARGE hat mit Klaus Müller-Starmann seit Anfang der Woche einen neuen Geschäftsführer. Starmann löst damit den bisherigen Chef ab, dessen Vertrag nach drei Jahren ausgelaufen war. Starmann war bis zu seinem Wechsel Handlungsbevollmächtigter des Internationalen Bunds in Köln, Vorstandsvorsitzender der BAG Arbeit e.V. ein Zusammenschluss der 400 größten Beschäftigungs- und Bildungsträger sowie Geschäftsführer der Kölner Dienstleister Reinigung – Dienstleistung – Bewachung GmbH, die auch Leiharbeit in diesen Bereichen anbietet. Das «ErwerbslosenForum Deutschland» verlangt umgehend eine Erklärung der Bundesagentur für Arbeit (BA), wie es zu so einer Besetzung kommen kann. Nach Ansicht der Initiative sind Interessenskonflikte und massive Einstieg in den Niedriglohnsektor nun nicht mehr ausgeschlossen. Zudem wird Müller-Starmann immer noch als Geschäftsführer einer privaten GmbH – laut Website – bezeichnet. Er verfügt auch über keine Erfahrung in einer solchen Verwaltungsbehörde.
Der Internationale Bund (IB) gilt als einer der größten Bildungsträger, der 2006 seinen Umsatz auf 394 Millionen Euro erhöhte und das positive Ergebnis auf 831.248 Euro. Das Eigenkapital des IB erhöhte sich auf 20,7 Millionen Euro(1). Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) kritisierte den IB 2006 als arbeitnehmerfeindlich. So drohte man 2005 den Mitarbeitern mit Schließung der Standorte in NRW, wenn sie nicht innerhalb von 10 Tagen um 30 Prozent gekürzte Verträge annehmen würden.(2)
Der ehemalige Handlungsbevollmächtigte gehörte auch bis Ende 2007 dem Kölner Konsortium „Sprungbrett“ an. Schon seit 1998 müssten in Köln arbeitslose, erwerbsfähige Jugendliche unter 25 irgendeinen Job oder eine berufsqualifizierende Maßnahme annehmen, sonst wurde die Sozialhilfe gestrichen. Eine Evaluation dieses Kölner Modells Doch überraschenderweise haben weder die Stadt Köln, noch Land oder gar Bund das Modellprojekt wissenschaftlich ausgewertet. So konnte 2003 niemand sagen, wie viele der Teilnehmerinnen und Teilnehmer am Kölner Modell tatsächlich dauerhaft in den ersten Arbeitsmarkt integriert werden. Etwa 40 Prozent der Jugendlichen wurden aus dem Sozialhilfesystem gekippt, ohne dass jemals ihr Rechtsanspruch auf Sozialhilfe geprüft werden konnte oder sie Gelegenheit zu Widerspruch oder Klage gegen den Entzug von Sozialhilfe gehabt hätten.(3) Kölner junge Erwachsene, die heute an solchen Projekten teilnehmen müssen erhalten als Ein-Euro-Job nur 70 Cent und müssen davon die Fahrtkosten auch noch tragen.
«Wir halten einer derartigen Vertreter als Chef einer Hartz IV-Behörde für skandalös. Er kann nicht im Interesse von Erwerbslosen sein, da Müller-Starmann bisher ausschließlich von der Arbeitslosigkeit profitiert hat. Die Nähe zu „Niedrigstlohnsektoren“, Abbau von Arbeitnehmerrechten und seine Eigenschaft als Vorstandsvorsitzender der BAR Arbeit e. V., zeichnen ihn nicht aus, dass er im Sinne von Erwerbslosen handeln kann und ihnen hilft, Jobs zu finden, wovon sie leben können. Müller-Starmann hat sich in der Vergangenheit dafür ausgesprochen, dass Tarifverträge ein Hindernis für Langzeitarbeitslose sind. Da hätte die Kölner ARGE auch direkt Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt berufen können. Der steht ja auch für Abbau von Arbeitnehmerrechten und Lohndumping. Mit der Firma: Kölner Dienstleister GmbH wird nur zu deutlich, welche Formen der „Billigbeschäftigung“ er bevorzugt. Reinigung, Bewachung und Leiharbeit. Wir erwarten hier umgehend eine Stellungnahme der BA, wie man einen derartigen Lobbyisten in die wichtigste ARGE von Deutschland holen kann. Die BA war an dieser Entscheidung maßgeblich mit beteilig. Er passt genau in das Konzept des Strategiepapiers der Unternehmensberatung von Roland Berger, die 2006 umfangreiche Umstrukturierungspläne ausgearbeitet hat», so Martin Behrsing, Sprecher des ErwerbslosenForum Deutschland.
(1) Geschäftsbericht 2006, Teil 2, Seite 20
(2) http://www.gew-koeln.de/02/aktuell/themen/ib200602.shtml
(3) http://www.taz.de/index.php?id=archivseite&dig=2004/12/30/a0001
TV-Mitschnitt WDR Lokalzeit aus Köln
Unter Beobachtung –
Neuer Chef bei der Kölner ARGE (Copyright beim WDR. Kopien nicht erlaubt)
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