Aktion vor dem Jobcenter Berlin-Kreuzberg

Jobcenter verweigert Zutritt, LKA versucht, Infotische zu verbieten: eine Aktion der AG Soziales Berlin vor dem Jobcenter Berlin / Rudi-Dutschke-Straße erfährt ungewöhnliche Hindernisse.

von  Anna Panek 02.06.2008
Quelle: http://de.indymedia.org/2008/06/219037.shtml 

Am heutigen 2.6. nahmen um 11 Uhr schätzungsweise 30 Personen an einer Informations- und Protestaktion vor der Agentur für Arbeit in Berlin-Kreuzberg teil. Angemeldet wurde die Veranstaltung von der Arbeitsgruppe Soziales Berlin im Berliner Sozialforum, organisiert wurde sie gemeinsam mit dem Verein CLOF (Musik gegen Gewalt) und dem Erwerbslosenforum.

Ursprünglich war es vorgesehen, die Veranstaltung im Foyer des Arbeitsamtes durchzuführen. Den Veranstaltern war jedoch vom Geschäftsführer des Jobcenters Dudi-Dutschke-Str.30 (ehem. Kochstraße) mitgeteilt worden, daß sie Zutrittsverbot zu den Räumen hätten. Bei einer vorangegangenen unangemeldeten Besetzungsaktion in der ersten Maiwoche hatte das Jobcenter den Veranstaltern gegenüber erklärt, daß es keine Hindernisse für den Aufbau von informationstischen im Foyer der Agentur für Arbeit geben würde, wenn sie zukünftig ihre Aktionen anmelden würden.

Um der Agentur entgegenzukommen und diese Auskunft auf ihren Wahrheitsgehalt zu überprüfen, war die heutige Aktion daher ordnungsgemäß angemeldet worden. In der Folge wurden sie nicht nur mit dem Zutrittsverbot zum Jobcenter konfrontiert, sondern mußten nach Aussage von Rainer Wahls (AG Soziales Berlin) kurz vor Beginn der Veranstaltung erfahren, daß das LKA das Aufstellen von Informationstischen vor dem Eingang zum Jobcenter aus Sicherheitsgründen untersagt hatte. Erst über das Bezirksamt habe sich die Aufstellung von Infotischen doch noch durchsetzen lassen. Während der gesamten Aktion waren mehrere Angestellte des Sicherheitsdienstes am Eingang des Jobcenters postiert.

Unter Bezugnahme auf gelungene Aktionen in Köln ("Agenturschluß") mit jeweils weit über 100 Teilnehmern äußerte Rainer Wahls: "In Berlin ist es insofern schwieriger, als es viele Jobcenter gibt, nicht, wie in Köln, zwei zentrale ARGEs. Auch der private Sicherheitsschutz ist eine Besonderheit in Berlin. Wir haben daher grundsätzlich schwierigere Ausgangsbedingungen als die Kölner, deren Aktionen ein Referenzprojekt für viele waren. Wir haben zeigen können, wie Reaktionen auf eine Anmeldung, also auf legales Handeln aussehen und haben nun die Antwort. Zukünftig werden wir auf andere Strategien zurückgreifen müssen. Daß man uns ernst nimmt, zeigt die LKA-Reaktion und die Zahl der sicherheitshalber positionierten Security-Leute."

Ziel war es, über die von der AG Soziales Berlin mitgetragenen Forderungen nach einer Erhöhung von HartzIV-Beträgen auf mindestens 500 Euro, nach einem gesetzlichen Mindestlohn von 10 Euro sowie einer Kindergrundsicherung zu informieren sowie eine stärkere Vernetzung von Jobcenter-unabhängigen Sozialberatern, die u.a. einen "Beistand" für Antragsteller organisieren wollen, zu ermöglichen.

So waren denn auch Sozialberater aus Büros im Bethanien oder dem Kreuzberger Mieterladen sowie weitere einzelne selbständige Berater, die unabhängig von der Agentur für Arbeit beraten, als Teilnehmer dabei. Auch die Organisation zahlenmäßig größerer Begleitungen von über 20 Personen, die in Fällen klarer gesetzwidriger Leistungsvorenthaltungen die Zahlungen durchzusetzen in der Lage wären, bedarf einer stärkeren Vernetzung der Berater untereinander – wie auch des Zugangs zu den Betroffenen selbst; so wird die heutige Aktion als ein weiterer Schritt zur einer bessereren Organisierung untereinander gewertet:

Geplant sind weitere Aktionen, zukünftig jeweils in der letzten Woche des Monats, als Vorbereitung einer breiteren Kampagne von Erwerbslosen und prekär Beschäftigten, für deren Unterstützung nach Auskunft der AG Soziales Berlin linksradikale wie sozialbewegte Organisationen bis zu Gewerkschaften bereits Zusagen signalisiert haben. Bedingung hierfür ist jedoch eine stärkere Beteiligung der Betroffenen selbst.

Unter dem Motto "reclaim your life" ist für den 16. Juni daher ein nächster "Aktionstag gegen HarzIV-Gesetze, für soziale Grundrechte" angekündigt, diesmal am Brandenburger Tor. Beginn: 11h.

weitere informationen:
socialforum-berlin.de:  http://socialforum-berlin.org/
erwerbslosenforum:  
http://www.erwerbslosenforum.de/