Die Dienstpflicht zu gemeinnütziger Arbeit- Von den Ein-Euro-Jobs zum „Dritten Arbeitsmarkt“

Dortmunder Forschungsgruppe "Der 'workfare state' – Hausarbeit im öffentlichen Raum?" Kongress  am 8 September in Dortmund

Nunmehr zweieinhalb Jahre Erfahrungen mit Hartz IV und den Ein-Euro-Jobs zeigen, dass die versprochene Brückenfunktion in den ersten Arbeitsmarkt nicht eingelöst werden kann. In der öffentlichen Debatte wird immer unverhohlener eine allgemeine Dienstpflicht zu gemeinnütziger Arbeit als "Strafe" in den Vordergrund gerückt – die ALG II-Empfänger/innen als unwürdige Arme sollen zukünftig arbeiten, regelmäßig zu schlech­teren Konditionen als jede vergleichbare Arbeit in der privaten Wirtschaft oder im öffentlichen Dienst, egal welche Arbeit dabei geleistet wird und wie hoch die Anforderungen sind. Die Dienstpflicht zu gemeinnütziger Arbeit ist Beschäftigung in persönlichem Abhängigkeitsverhältnis hausrechtlicher Art und restrukturiert große Teile der öffentlichen Daseinsvorsorge als kollektiv organisierte unbezahlte Hausarbeit. Der geplante "Dritte Arbeitsmarkt" etabliert die "marktfernen" und damit als "zusätzlich" qualifizierten Beschäftigungsformen als Dauerlösung für die Überflüssigen. Diese Unterschichtung des Arbeitsmarktes mit nicht-warenförmiger Arbeit manifestiert eine weitere Spaltung in der Gesellschaft. Neu hieran ist die systematische Ausdehnung unbezahlter Arbeit in bislang warenförmig organisierte Bereiche und die Aufweichung der früher strikten Zuweisung unbezahlter Arbeit an Frauen. Alle diejenigen, deren Leistungsfähigkeit oder deren Leistungspotenzial für die Anforderungen am Arbeitsmarkt "nicht mehr ausreicht", sollen zukünftig gegen die Gewährung eines Existenzminimums große Teile der ge­sellschaftlichen Reproduktion sicherstellen. In dieser Strategie ist auch eine neuerliche Rationalisierungswelle im öffentlichen Dienst angelegt. Um so drängender stellt sich die Frage, wie und in welcher Qualität sollen öffentliche Güter zukünftig bereitgestellt werden?

Ausgehend von unserer empirischen Untersuchung "Der Workfare State – Hausarbeit im öffentlichen Raum?" und vor dem Hintergrund der aktuellen Tendenzen der Workfarepolitiken wollen wir
        die Handlungsmöglichkeiten der in die Dienstpflicht genommenen Erwerbslosen, 
        die Folgen der Veränderungen für die öffentliche Daseinsvorsorge und die gesellschaftliche   Reproduktion,
        die gouvernementalen Strategien zur Bearbeitung der aufbrechenden Widersprüche 

        und Strategien des Widerstands "von unten" diskutieren.

Wie lassen sich in diesen gesellschaftlichen Prozessen Möglichkeiten und Ressourcen für ein selbstbestimm­tes Gestalten des eigenen Lebens erschließen? Welche Schlussfolgerungen lassen sich für alternative Gesell­schaftsentwürfe ziehen? 

Unser Interesse ist es, herrschaftskritische Analysen mit der Diskussion über Strategien für soziale Kämpfe zu verknüpfen und ein für alle Interessierten offenes Forum anzubieten. Der Kongress wird am Samstag, den 8. September 2007 von 10:00 Uhr – 18:00 Uhr in der Aula des Fachbereichs Design der Fachhochschule Dortmund stattfinden. 

Bei Rückfragen und zur Anmeldung: dritter.arbeitsmarkt@gmx.de Das detaillierte Programm folgt in Kürze
Als Allheilmittel für den Arbeitsmarkt und für die fiskalische Krise der Kommunen?

Samstag, den 8. September 2007 Fachhochschule Dortmund, Aula des Fachbereichs Design, Max-Ophüls-Platz 2

Kongress am 8. September 2007 in Dortmund Aula des Fachbereich Design der FH Dortmund, Max-Ophüls-Platz 2  Von den Ein-Euro-Jobs zum "Dritten Arbeitsmarkt" Die Dienstpflicht zu gemeinnütziger Arbeit
als Allheilmittel für den Arbeitsmarkt und für die fiskalische Krise der Kommunen?
Programm

10:30 Uhr Begrüßung und Eröffnung Marianne Kosmann, FH Dortmund
  Forschung und Praxis zum "3. Arbeitsmarkt" in herrschaftskritischer Perspektive
  Moderation Armin Stickler, Stiftung W
10:45 Uhr Das Projekt "Der Workfare State – Hausarbeit im öffentlichen Raum?" 
  Irina Vellay, Forschungsgruppe Dortmund
11:15 Uhr Die IAB-Untersuchung zu Einsatz und Wirkungsweise sozialer Arbeitsgelegenheiten
    Till Müller-Schoell, WSI Düsseldorf
11:45 Uhr Fragen und Diskussion

 

12:30 UhrWorkfare und Rechtsverhältnisse:  aktuelle Rechtsentwicklungen bei der "gemeinnützigen" Arbeit. Helga Spindler, Universität Duisburg-Essen

12.50 UhrRe-Privatisierte Unterwerfung. Workfare als Geschlechterpolitik.  Gabriele Michalitsch, Universität Graz / Corvinus Universität Budapest

13:10 UhrFragen und Diskussion

Praxis und Perspektive der sozialen Kämpfe um "Öffentliche Güter" Moderation Wolfgang Richter, FH Dortmund / Forschungsgruppe 14:40 UhrEinführung, Mechtild Jansen, Berlin (angefragt)   15:10 UhrFragen und Diskussion 16:00 UhrAbschied von der Vollbeschäftigung – Alternativen zum Workfare-State? Podiums- und Plenumsdiskussion mit Referent/innen und Aktivist/innen aus Gewerkschaft, Erwerbsloseninitiative, Sozialforum, Migrant/innenorganisation, attac …